Weil der Name immer auch sinnstiftendes Element eines Produktes ist: Was hat es mit Open your eyes auf sich? Ist das als Appell zu verstehen?
Appell, ja, konkret und allgemein. Komponiert habe ich das Lied für eine junge Dame, die mit sich und einfach allem unglücklich war, nichts und niemanden schön fand, besonders sich selbst nicht. Das Lied war erst ihr Geburtstagsgeschenk, privat in der Küche vorgetragen. Dann wurde es der Titelsong dieser CD. Es sollte ihr sagen, sie solle die Augen öffnen und sehen. „A beautiful princess you will be“, war meine Prognose. Und siehe da, ich hatte ausnahmsweise Recht. „The worm became a pretty butterfly. “Das Lied ist für alle, die es brauchen.
Over in Dover kann als Gesellschaftssatire oder eben auch als eine Kritik derselben gehört werden. Warum ist grade dieser Titel die Single-Auskopplung für euer Album geworden?
Weil er richtig zackig nach vorn geht und ohne Umwege in die Beine geht. Er hat uns zu einem knackigen Video inspiriert. Außerdem möchten wir endlich unseren Beitrag zur Verhinderung schon im Ansatz verkehrt aufgezogener und damit zum Scheitern verurteilter Beziehungen leisten. Keine Chance dem Unglück! Liebe Damen, sucht erst seine Prinzenkrone, auch und besonders zwischen der schmutzigen Unterwäsche! Wenn auch da nichts ist, dann ist da nichts.
Das Album ist unter andere mit, Gastmusikern und Chor entstanden. Wie kam es dazu? Sind es Notwendigkeiten, Affinitäten oder Zufälle?
Vor einigen Jahren lernten wir aus Zufall den Musiker Max Heckel kennen, zu dem über die Zeit eine wachsende Affinität entstand. Da uns eine Geige für drei unserer Songs eine Notwendigkeit schien, mussten wir ihn einfach fragen. Er war grad nicht ausgeschlafen und sagte Ja. Mit dem Chor „Klangvoll“, übrigens auch aus Hameln, verbinden uns zwei außerordentlich schöne, gemeinsame Kirchenkonzerte. Für drei der Lieder wünschten wir uns die klangliche Veredelung durch diese Stimmen.
Eure bisherigen Alben waren in der Vielfarbigkeit der Einzeltitel weniger intensiv als euer aktuelles Machwerk. Wie erklärt ihr euch den gewaltigen, kreativen Sprung, den dieses Album in eurem Schaffen markiert?
Danke für die Blumen! Wir haben einen langen Anlauf genommen: 5 Jahre auf der Bühne, mehr als 400 Konzerte, 4 CDs und eine gemeinsame musikalische Sprache, die sich stetig weiterentwickelt hat. Damit konnten wir schon mal weit springen. Wir wissen nun, was wir zusammen können und was nicht. Dazu kamen neue Themen und Texte, die ihre ganz eigenen Wege in unsere Musik fanden. Der Text macht den Ton und der die Musik. Jedenfalls bei uns. Sowohl in den Kompositionen als auch den Arrangements sind wir ganz bewusst an unsere Grenzen und darüber hinausgegangen. Wir wollten einfach mehr als nur die CD Nummer 5. Und wir haben die Lieder diesmal anders angelegt, kürzer auch, damit sie alle in den Rundfunk kommen (haha).
Wie ist das Album entstanden? Wer war Produzent? In welchem Studio habt ihr gearbeitet? Wie wurden die Chor-Anteile aufgenommen? Seid ihr eine Woche am Stück im Studio gewesen oder an vielen Einzeltagen? Sind die Titel im Studio entstanden oder davor? Wurden die Titel im Studio noch überarbeitet?
Dieses Mal haben wir uns viel Zeit genommen und hatten viele Tage in einem Studio bei Hameln. Co-Produzent war Jonas Peters, der auch den Bass spielt. Alle Songs wurden erst komponiert und dann im Proberaum perfektioniert und geübt. Erst dann gingen wir ins Studio, wo es dann nur um Klang und Mix ging. Wenige Passagen haben wir dann nochmal geändert. Die Zeit für Detailarbeit hat der CD gutgetan. Nur ein Lied stand kurzfristig auf der Kippe, weil es einfach nicht so schön war, wie wir es wollten. Es wurde gerettet. Der Chor kam für einen Tag ins Studio und hat dort eingesungen. Das war kuschelig.
Stefan, warum – bis auf eine Ausnahme – die Wahl der englischen Sprache? Wäre es nicht leichter auf Deutsch zu schreiben, weil es a) leichter für dich wäre und b) die Inhalte derart schneller euer Publikum erreichen würden?
Leichter zu schreiben, nein, anders. Englisch ist meine zweite Sprache, in der ich mich genauso gern bewege und ausdrücke wie in der deutschen. Und das Englische hat wunderbare Bilder und Idiome, finde ich wunderbar. Klar, dem Publikum fiele es sicher leichter, den Texten auf Deutsch zu folgen. Wir erklären dann einfach ein wenig mehr, dann passt das gut. Und wir spielen viele Irish Nights. Das geht auf Englisch besser.
Inwiefern nimmt Open your eyes für euch einen besonderen Platz in euren bisherigen Schaffensjahren ein? Oder empfindet ihr es als „Werk wie alle bisherigen“?
Diese Scheibe ist insgesamt unser reifstes Werk, das Beste, was wir bislang produziert haben. Mit einigem Abstand zu den Tagen der Aufnahme können wir die CD jetzt als geschlossenes Werk hören und wundern uns manchmal über das, was wir da gemacht haben. Stilistisch kann man die Lieder nicht alle in eine Schublade stecken, was gut ist. Kein Song ist wie der andere. Auch die Themen sind sehr unterschiedlich – bewegt und bewegend, federleicht und existenziell, gehobener Blödsinn, Apokalypse und die Frage nach Gott. Jeden Tag haben wir ein anderes Lieblingslied, denn es ist für sehr unterschiedliche Stimmungen etwas dabei.
Wenn man etwas in einer bestimmten Art und Weise kleidet, muss man sich diesbezügliche Fragen ebenfalls gefallen lassen: Das Cover ziert ein Pferd. Das hat zwar auch ein geöffnetes Auge, was wiederum mit dem Titel des Albums in Zusammenhang stehen könnte, aber verbirgt sich hinter dem Motiv noch mehr?
Aber ja. Das schöne Pferd gehört der jungen Dame, für die das Titellied komponiert wurde. Und hat es nicht wunderbar offene Augen?
Wie würdet ihr euer Album mit zwölf Worten beschreiben?
Der nicht zu erwartende Höhepunkt einer noch weniger zu erwartenden, steilen Entwicklung.
Bitte fühlt euch frei, alles zu ergänzen, was immer euch auf dem Herzen brennt.
Mehr als unsere bisherigen Scheiben muss die Musik auf dieser CD in die Welt! Die Reaktionen bislang sind überwältigend, viele Menschen fühlen sich in der Herzensmitte getroffen. Wir danken unserem Label „Prosodia“ einmal mehr für die schöne Zusammenarbeit.