Bliadhna Mhath Ùr dhuibh uile! Frohes neues Jahr zusammen! Wie kann man die „Roaring Twenties“ besser beginnen als mit fantastischer Musik, neuen Freunden und aufregenden BodhrÁnswers?! Also mir würde nichts einfallen.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als ich das erste Mal eine Bodhrán in der Hand hatte. Voller hibbeliger Vorfreude war ich, höchst verunsichert ob der vielen unbekannten Gesichter um mich herum; gleichzeitig aber wusste ich irgendwie, dass ich hier genau richtig bin. Mit offen stehendem Mund verfolgte ich ungläubig, was der Lehrer vorn mal so eben aus der Kalten spielte – ich hoffe immer noch, mich hat niemand beobachtet. Völlig paralysiert schwebte ich in den für Menschen wie mich, also blutige Anfänger, vorgesehenen Raum. Schon bald erfuhr ich, wie ich die Trommel halten muss, damit sie mir nicht vom Knie flutscht, während ich versuche, darauf herumzuklöppeln. Auch das Geheimnis, was die eine und die andere Hand so zu tun haben, wurde gelüftet. Da ich aber, wie ihr möglicherweise schon vermuten könnt, ein klitzekleines Minibisschen aufgeregt war, kann ich mich nur noch schemenhaft erinnern, wie diese erste Begegnung vonstattenging.
Ich finde aber gerade diese Grundinformationen und -überlegungen enorm wichtig – ich kenne das noch von meinem Violinenunterricht als Grundschülerin: Einmal nicht richtig aufgepasst, und schon hatte ich die nächsten Jahre damit zu tun, mir die inkorrekte Haltung meines Handgelenks wieder abzutrainieren. Hat nicht so gut funktioniert. Damit euch das erspart bleibt, habe ich mir heute einen weiteren Experten angelacht: Michael Kamp! Er betreibt nicht nur zusammen mit Rolf Wagels das deutschsprachige Bodhrán Forum, trommelt auf Sessions und tritt mit unzähligen Musikern auf, sondern gibt auch, z. B. beim irischen Winter in der Proitzer Mühle, Kurse für Bodhrán-Anfänger und -Fortgeschrittene. Hier seht ihr ihn beispielsweise, wie er zusammen mit Siobhán Kennedy, Jens Komnick und Fidelma O’Brien ein Set spielt – achtet vor allem auf den beeindruckenden Solo-Part meines sympathischen Interviewpartners:
Ich erwähnte möglicherweise schon ein-, zweimal, dass ich aus einer Lehrerfamilie komme – das Alles-mit-nem-Appel-und-nem-Ei-Erklärer-Gen hab ich aber irgendwie nicht mit vererbt bekommen. Dafür kann ich gut Fragen stellen und andere dazu bringen, mir was zu erklären – raffiniert, ich weiß! Meinem journalistischen Scharfsinn ist nicht entgangen, dass Appel und Ei mittlerweile ziemlich oft verarbeitet wurden, deshalb bat ich Micha, einem musikinteressierten Außerirdischen zu erläutern, was es mit der Bodhrán auf sich hat.
Ein Außerirdischer fragt nach …
Puh – eine knifflige Frage. Nehmen wir an, das Konzept „Musik“ und „Musikinstrumente“ sind dem Alien bekannt. Vermutlich würde ich ihm das so ähnlich erklären, wie ich es auch Menschen erkläre, die keinen Bezug zur irischen Musik haben: Die Bodhrán ist eine Trommel, die ganz anders gespielt wird als alle anderen bekannten Trommeln. Sie steht senkrecht auf dem Oberschenkel, die dominante Hand schlägt das Fell mithilfe eines Sticks („Tipper“), die andere Hand berührt das Fell auf der Rückseite und verändert die Tonhöhe. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu anderen Trommeln ist die Rolle der Bodhrán in der irischen Musik, in der sie ihren Ursprung hat. In fast allen anderen Musikrichtungen bestimmt das Schlagwerk Tempo und Rhythmus, und die anderen Instrumente folgen. In der irischen Musik bestimmt das Melodieinstrument sowohl Tempo als auch Rhythmus. Die Bodhrán folgt hier dem Melodieinstrument und unterstützt es. Ihre Aufgabe ist es, die Melodie zu unterstreichen, Akzente zu setzen und dadurch etwas zur Musik beizutragen. Gute Bodhránspieler haben immer ein offenes Ohr für die Melodie, nehmen Tempoänderungen wahr und folgen ihnen. Einfühlungsvermögen, Musikalität und ein gutes Ohr sind also Pflicht für Bodhránspieler in der irischen Musik!
Wat macht die Tipperhand?
Die Tipperhand – das ist die dominante Hand, bei den meisten Menschen vermutlich die rechte. Sie schlägt das Fell der Bodhrán und bringt es zum Schwingen. Das tut sie entweder unmittelbar mit den Fingerknöcheln („Hand-Style“) oder mithilfe eines Sticks, der bei der Bodhrán „Tipper“ genannt wird. Je nachdem, wo das Fell angeschlagen wird, klingt es unterschiedlich. Auch der Anschlagswinkel, die Intensität und – natürlich – die Art des Tippers beeinflussen den Klang. Auf die Unterschiede bei den Tippern ist BodhrÁnswers ja bereits in einer der letzten Folgen eingegangen. Kurz gesagt: Die Tipperhand macht den Rhythmus.
Wofür ist die Fellhand zu gebrauchen?
Die Fellhand – das ist nun also die Hand, die das Fell auf der Rückseite berührt. Und das ist es, wo die Magie stattfindet, wo aus purem Rhythmus Musik wird. Ich kann die Fellhand vom Fell heben, dann habe ich einen ganz vollen, lauten Bass. Ich kann sie flach und locker ans Fell legen und mit der Tipperhand von der anderen Seite genau auf die Handfläche der Fellhand schlagen, dann habe ich einen kurzen, relativ leisen Ton. Liegt die Fellhand flach am Fell und die Tipperhand schlägt das Fell ober- oder unterhalb an, schwingt nur ein kleinerer Teil des Fells, nämlich der Teil zwischen Fellhand und Rahmen. Kleinerer Fellausschnitt heißt: Es entsteht ein höherer Ton. Mit der Position der Fellhand kann ich auf diese Weise also regelrecht spielen, verschiedene Töne erzeugen und sogar Melodien spielen.
Die Fellhand kann noch viel mehr. Sie kann Druck auf das Fell ausüben, dadurch entstehen eine höhere Fellspannung und ein höherer Ton mit einer ganz anderen Klangfarbe. Sie kann ihrerseits gegen das Fell klopfen oder schlagen. Und es gibt noch so viel mehr, was die Fellhand bewirken kann, das ich hier gar nicht alles aufzählen kann.
Das will ich doch gleich mal nachprüfen – funktioniert die Erklärung bei Bodhrán-Unerfahrenen und/oder Musikfremden, also Außerir(d)ischen? Das kann ich mit einem ganz klaren Ja bestätigen: Herr Kamp, dafür gibt’s ein Bienchen!
What’s next?
In den nächsten Folgen der BodhrÁnswers wird es um die verschiedenen Möglichkeiten gehen, die es für Bodhrán-Interessierte gibt, sich mit dem Instrument zu beschäftigen und die ersten Gehversuche zu starten.
Wer steckt hinter BodhrÁnswers? Das bin ich, Katharina Menzel, mit meinem Wort- und Kreativstudio Wirkungsebenen aus der Uckermark. Als freie Journalistin und Lektorin für Musik, Kunst und Kultur bin ich in ganz Deutschland unterwegs, schreibe Artikel und Rezensionen – vor allem im weiten Feld der internationalen Folk-, Indie- und Singer/Songwriter-Szene – und trommle mich glücklich.
Ihr habt Fragen, die bodhránswert werden sollen, konkrete Tipps für eine spannende Geschichte oder ein Festival? Dann schreibt eine E-Mail an die Folknews-Redaktion – eure Infos werden an mich weitergeleitet.
Super toller Artikel, da bekomme ich gleich Lust herum zu trommeln.
Liebe Leserin oder lieber Leser,
vielen lieben Dank für die Blumen! Dann mal ran an die Trommel, ich kann’s nur empfehlen 😉