Seit anderthalb Jahrzehnten sind die selbsternannten Dilettanten auf den Bühnen Deutschlands sowie seiner Nachbarländer mit Gitarren, Mandoline, Whistles, Kontrabass und ihrem typischen Satzgesängen unterwegs, haben ein halbes Dutzend Silberlinge veröffentlicht und sind sich und ihren Fans über all die Jahre treu geblieben. Die Cobblestones, die sich dereinst unter dem stilistischen Banner von „Irish & Scottish Folk“ bewegten, haben sich ihre Genrezugehörigkeit trotz Erweiterung um ein Bergarbeiterimage bewahrt, und bezeugen eindrucksvoll den Umstand, dass „nicht nur die Iren ordentlich Whisky und Guinness vertragen“, so Marcus (Mandoline, Mandola, Kontrabass, Whistles, Gesang). Mehr dazu findet ihr hier:
Sich durch den eigenen Namen der Stümperhaftigkeit zu bezichtigen, mag Realismus aber ebenso die Hoffnung auf den folgenden Widerspruch vermuten lassen. Was ist die ursprüngliche Intention?
Martin (Kontrabass, Whistles, Gesang): Im Grunde genau das Gesagte, wir nehmen uns gerne nicht allzu ernst und waren zur Zeit der Bandgründung auf jeden Fall als Lagerfeuermusiker keine unbedingten Mega-Profis an unseren Instrumenten. Bis heute werden wir nach wie vor immer noch stetig besser; keiner von uns hatte großartig Instrumental- oder Gesangsunterricht, und daher macht es durchaus Spaß, alleine durch Entdecken, Üben und Auftreten das eigene Spiel immer weiter zu verbessern. Wir würden das als „lebendig statt klinisch und zu professionell“ bezeichnen. Das drückt sich also auch im Namen aus, ein Augenzwinkern auf dem Papier, Herzblut und Spielfreunde auf der Bühne.
Marcus: Uns als Band gibt es jetzt seit mehr als 15 Jahren, und der Bandname besteht genauso lange. Unsere ersten Proben sahen so aus, dass sich jeder irgendein Instrument geschnappt und einfach losgelegt hat. Das musste dann kein Instrument sein, was man wirklich beherrschte. Wir haben einfach viel ausprobiert und gespielt, wie und was uns Spaß machte. Insofern war die Wahl des Bandnamens weniger Koketterie und Hoffen auf Widerspruch als vielmehr eine Beschreibung des Ist-Zustandes. Eine andere mögliche Übersetzung unseres Bandnamens ist übrigens auch „Dilettant“. Klingt erstmal nicht besser als „Stümper“, bedeutet aber sinngemäß so viel wie „jemand, der etwas aus Spaß an der Sache macht“. Insofern stimmt der Name nach wie vor, auch wenn wir vielleicht inzwischen doch das Eine oder Andere gelernt haben sollten.
Inwiefern hat das MPS euer Bandleben verändert?
Martin: Das Ambiente und das offenherzige Interesse und Lebendigkeit des Publikums erzeugen einen eigenen Bann. Es ist eine aufregende Zeit in einer eigenen Welt, in die wir immer wieder gerne eintauchen. Wir sind jedes Mal tief beeindruckt von dem unglaublichen Organisationsaufwand und der Detailverliebtheit, welche die unvergleichbare Atmosphäre auf den Märkten ausmacht. Wir sind auf jeden Fall dankbar, Teil dieser sehr persönlichen und vor allem phantasievollen Welt sein zu dürfen. Das Bandleben hat sich in der Form verändert, dass wir auf der Bühne ein gutes Stück freier in den Punkten Moderation, Show und partieller Miteinbeziehung des Publikums geworden sind. Es gab unvergessliche Situationen, z.B. eine Bühne vollgestopft mit Publikum und wir als Band unten davor oder Schlammrutschwettbewerbe vor der Bühne an heißen Sommertagen. Trotz der Eventgröße also an sich Auftritte in familiärem Ambiente. Uns hat es auf jeden Fall noch mehr zusammenwachsen lassen, wenn das denn geht.
Marcus: Dank des MPS hat es uns in den letzten Jahren viel in Ecken von Deutschland verschlagen, in denen wir vorher noch nicht oder nur selten gespielt hatten. Für eine Band ist so ein „wanderndes Festival“ eine tolle Möglichkeit, Publikum zu erreichen, welches wir sonst vielleicht nie getroffen hätten. Mit unserer Musik sind wir ja nicht unbedingt das, was man auf einem mittelalterlichen Markt erwarten würde. Zusätzlich trifft man backstage eine Menge Bands, Musiker, Artisten, man unterhält sich, lässt sich Songs und Instrumente zeigen, tauscht Tipps aus und hilft sich auch auf den Bühnen gerne mal. Das ist ein sehr familiärer Umgang miteinander. Ob das MPS unser Bandleben verändert hat, lässt sich als „Betroffener“ natürlich nur schwer selber diagnostizieren …
Martin: Also ich habe ja noch keinem anderen Musiker Tipps gegeben oder was auf dem Bass gezeigt, das hätte dem armen Betroffenen wohl nicht viel gebracht, sondern seinem bisherigen Spiel eher einen irreversiblen Schaden beigebracht, wie ein Axthieb einem zarten Gänseblümchen …
https://youtu.be/B4-4pYN4Xkw
Ihr überschreibt euch nun mit „Stollen13“ und nicht mehr mit „Irish & Scottish Folk“. Warum diese Veränderung? Werdet ihr zukünftig weniger „Irish & Scottish Folk“ und mehr „Stollen13“ spielen?
Martin: Ein etwas genauerer Blick auf unser neues Logo zeigt über dem Bandnamen von oben nach unten folgendes, hier gerne erklärt:
„Irish, Scottish & more“: Klassifizierung unserer Hauptmusikrichtung. „Folkaholic“: Unsere Leidenschaft, Folk zu spielen anstatt z.B. Techno. Der Stellenwert, den das Musizieren in unseren Leben einnimmt, lässt sich wohl schon als „…holic“ bezeichnen. „Eine Stollen 13 Plakette“: Eine von uns ins Leben gerufene Produktlinie, passend zum selbstgewählten optischen Show-Thema „Bergwerk“. Erste Produkte der Linie sind der Stollen 13, eine Kirschwein-Whisky-Kreation sowie der Grubenhammer, ein Schlehenschnaps, der einem postwendend die Schuhe auszieht, weil flauschige 48 Promillchen. Ein wahrer Leberhammer. Weitere Produkte wie T-Shirts etc. sollen folgen, mal sehen, wann wir das zeitlich umgesetzt bekommen.
Marcus: Sláinte!
Personell gibt es auch Veränderungen. Auf eurer Homepage jedoch nicht. Werdet ihr auch zukünftig „nur“ mit Gastmusikern arbeiten oder sind die Cobblestones womöglich auch digital irgendwann ein Quintett?
Martin: Wir sind noch nicht zu einer Aktualisierung der Homepage gekommen, das folgt natürlich noch. Nachdem unser erster Drummer, Matze alias Titzenmisnister oder auch nur kurz „die Wurst“, zeitlich leider nicht weiter auftreten konnte, haben wir ein wenig herum gesucht und durften dann unseren „Pablo“, eigentlich Michael Torres Kessler, aus Peru / Florida / Deutschland, kennenlernen, der nun nach ein paar längeren Proben als quasi fester Freier mitspielt. Die Homepage wird noch entsprechend um den Bereich „Gastmusiker“ erweitert, wenn Zeit dafür ist.
Warum überhaupt die personelle Veränderung?
Martin: Ganz schnell und einfach gesagt: Wir wollten musikalisch noch eine Schippe drauflegen. Wir haben lange genug mit nur einer Bassdrum gespielt, das hatte sicher Charme, aber ein gut gespieltes, komplettes Drumset gibt der Musik neben Druck doch deutlich mehr Tiefe und Filigranität. Es sei denn, es wird nur blöd „ruffgedroschen“ aber das wollen wir auch nicht und Micha ist da genau der Richtige, ein Künstler am Gerät und große Bereicherung, spielerisch und vor allem menschlich.
Wann ist mit dem nächsten Album zu rechnen?
Martin: Wir haben uns ja bereits im letzten Jahrzehnt stets als sehr zuverlässig in der Angabe von erwartetet Produktions- und Veröffentlichungszeiträumen gezeigt, daher hier die leider einzige, realistisch verbleibende Antwort: „JA“
Was ist die Quintessenz eures kreativen Schaffens?
Martin: Wir haben wohl aus manch einem verstaubten, eher langsamen Folk-Klassiker etwas Tanzbares gemacht, womit wir unserem Hauptziel, dem Publikum den grauen Alltag aus den Ohren zu spielen, mit jedem Titel hoffentlich einigermaßen gerecht werden. In letzter Zeit entstanden darüber hinaus sehr schöne, originelle Medleys mit Rap- und Rockeinflüssen, nicht zu verwechseln mit dem männerbehafteten Zipfel des gleichnamigen Kleidungsstücks. Kreatives Schaffen… nun ja, uns macht einfach Spaß, was wir machen und wir spielen gerne mit verschiedenen Ideen und Musikteilchen herum. Stünden hier beschreibend Van Gogh oder Jahrmarkt zur Auswahl, wären wir wohl eher der laute, chaotische Jahrmarkt, auch würde sich hier niemand alkoholisiert ein Ohr abschneiden.
Wo soll es perspektivisch mit den Cobblestones hingehen?
Martin: Da wir schon immer eher in kleinen Schritten gedacht und gehandelt haben, steht jetzt als nächstes die weitere Einarbeitung des neuen Drummers Micha an. Wir werden sicher durch den neuen Einfluss den einen oder anderen bestehenden Titel umarbeiten und modernisieren. Auch haben wir im stillen Kämmerlein einige selbstgeschriebene Titel zu Papier gebracht, die es nun einzuüben gilt. Das wären so die Hauptaufgaben der nächsten Saison. Ansonsten hoffen wir alle, noch lange unseren Lebensunterhalt mit diesem schönen Ausnahmeberuf bestreiten zu dürfen. Womöglich findet ihr auch die Zeit, zwei besondere Erlebnisse – obskurer oder wundervoller Art – der letzten ein bis zwei Jahre zu beschreiben. Also die zwei beeindrucktesten Erlebnisse der letzten Jahre waren sicher der schon kurz geschilderte Moment, als aus einer Polonäse über die Bühne nach und nach die Situation entstand, dass aus der Bühne eine rappelvolle Tanzfläche wurde und wir uns als Band nach und nach dank Funktechnik vor der Bühne einfanden und von unten für unser Publikum oben gespielt haben. Also umgedrehte Welt: Band unten, Auditorium oben. Der eindrucksvollste und denkwürdigste Moment war aber wohl dieser: Bei einem Konzert stand einmal ein Freundeskreis vor der Bühne, Sportler oder so, auf jeden Fall Touristen. Mitten in einem Song kam einer von ihnen plötzlich auf die Bühne, stellte sich ganz vorne an die Kante und… nahm sich den linken Arm ab, den er dann hoch erhoben über seinem Kopf hin und her schwenkte und damit seine Kollegen anheizte. Es handelte sich um eine komplette Armprothese, was uns bis dahin natürlich nicht aufgefallen war. Natürlich ist es nicht schön, wenn ein so junger Mensch (vielleicht so Mitte 20) nur noch einen Arm hat, aber wer hat so etwas schon mal erlebt? Für uns eine Situation, wie aus einem Film und ein denkwürdiger Moment. Ein so toller Umgang mit einer an sich ja eher traurigen Tatsache, einfach nur unglaublich großartig.
Was ist das Besondere am Stil der Cobblestones? Inwiefern habt ihr die Folkszene beeinflusst?
Martin: Wir haben der Folksszene wohl vor allem gezeigt, dass nicht nur die Iren ordentlich Whisky und Guinness vertragen… Sollten wir an irgendeiner Stelle versehentlich die Folksszene beeinflusst haben, teile man uns das bitte umgehend mit, das feiern wir dann entsprechend. Bis dahin machen wir das, was wir am besten können: Party auf der Bühne. Die große Kunst überlassen wir mal anderen, mit ausgesuchtem Sitzpublikum oder so.