Ein Name repräsentiert zumeist eine bestimmte Intention. Was verbirgt sich hinter „HüSCH!“?
„Hüsch“ ist ein Mundartwort aus dem Thüringer Wald. Wörtlich übersetzt heißt es wohl einfach „hübsch“ oder „wunderbar“. Das trifft es aber nicht ganz. Es wird vor allem verwendet, um etwas von besonderer Güte zu beschreiben. Wenn ich zum Beispiel die Atmosphäre bei einem typischen Hüttenabend im Thüringer Wald mit Musik und diversen einheimischen Flüssigprodukten in einem Wort zusammen fassen soll, so würde ich sagen, dass ist „hüsch“ und in der Steigerungsform sogar „haidenhüsch“.
In jüngster Zeit scheint sich im mitteldeutschen Raum hinsichtlich eines deutschen Folklore-Bewusstseins einiges zu tun. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, euch den Liedern eurer Sprache zu verschreiben?
Es war nicht wirklich eine neue Idee. Jo spielt schon seit vielen Jahren deutsche Folkmusik in diversen Bands. Tim ist seit einigen Jahren unter anderem mit seinen Töchtern in diesem Genre unterwegs und ich habe schon als Jugendlicher die diversen Instrumente wie Waldzither und Maultrommel gelernt und seitdem schon immer mit Freunden diese Musik gespielt. Uns dann in einer Band zusammen zu tun, hatten wir schon seit Jahren geplant. Jetzt haben wir es endlich einmal gemacht.
Wie seid ihr zusammengekommen? Ihr kommt ja alle aus anderen Bandprojekten, d.h. ein neues Projekt birgt auch immer die Gefahr, andere Dinge zu vernachlässigen, oder?!
Wir kennen uns schon seit einigen Jahren. Allerdings haben wir erst später festgestellt, das wir ein gemeinsames Interesse haben: die Thüringer Waldzither (nicht zu verwechseln mit der Tischzither!!!) und die deutsche traditionelle Musik. Die Waldzither, die fast völlig vergessen wurde und der wir jetzt zu neuer Blüte verhelfen wollen, hat ein ungeheures Potential. Man kann darauf fast alles spielen. Jo hat vor einigen Jahren das erste Lehrbuch für Waldzither seit über 70 Jahren geschrieben und wir veranstalten in Suhl alle 2 Jahre ein Symposium wo sich Waldzitherspieler zu Workshops, Konzerten usw. treffen. Wir haben also durchaus auch den missionarischen Anspruch, dieses Instrument und unsere regionale Musik vor dem Vergessen zu bewahren. Das ist ein Ziel, für das ich gerne andere Dinge vernachlässige.
Es gibt Sprachfetischisten, die das sogenannte Hochdeutsch als das Nonplusultra verstehen und regionalen Dialekten die Daseinsberechtigung im öffentlichen Raum absprechen. Warum also das Kultivieren eures Dialekts?
Über viele Jahre wurde Dialekt immer als etwas Rückständiges angesehen. Mittlerweile hat sich diese Sichtweise wohl etwas geändert. Vielerorts wird Dialekt und Mundart nun wieder als Ausdruck von regionaler Individualität benutzt. In Bayern und Sachsen z.B. gibt sich niemand Mühe Hochdeutsch zu sprechen, im Gegenteil. Warum sollten nicht auch wir Thüringer unsere Dialekte pflegen?
„Kein schöner Land“, „Es geht ein dunkle Wolk herein“ & Co. sind vielerorts eher aus angestaubten Schuldkontexten bekannt. Inwiefern versteht ihr eure Musik als mehr denn das „leidige Schulgewimmer“?
Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, welche Lieder wir genau in der Schule gesungen haben. Bei der Auswahl unseres Repertoires war uns neben dem regionalen Bezug wichtig, Lieder auszuwählen, die die Leute kennen und diese dann in ein neues Gewand zu kleiden. Denn wenn man ein bischen den Staub abklopft, ist man erstaunt, was für wunderbare Lieder das sind. Neben zauberhaften Melodien findet man auch viele Texte, die heute noch Gültigkeit besitzen.
Eure Instrumentation wartet mit Ungewöhnlichkeiten auf? Warum diese bewusste Entscheidung zugunsten ebd.?
Wie schon gesagt, spielt die Waldzither als regionales Instrument eine große Rolle. Ansonsten kommen die Instrumente dazu, die wir schon seit Jahren mit Leidenschaft spielen. Jo ist ein Virtuose auf der Geige und der Gitarre. Ich liebe das Banjo und das Hanna auf ihrem Piano auch mal den ein oder anderen Jazz-Akkord spielt, gibt dem Ganzen einen zeitgenössischen Touch. Es soll eben mehr nach Folk- und Weltmusik als nach „Humptata“ klingen.
Wo soll es zukünftig hingehen mit HüSCH?
Wir sind zurzeit dabei auch ein paar Lieder aus eigener Feder in unser Repertoire aufzunehmen, die sich gut mit den traditionellen Liedern mischen.
Ansonsten wollen wir natürlich so viel wie möglich auftreten und auch den Leuten, die deutscher Musik eher skeptisch gegenüber stehen zeigen, dass es nicht nur in Irland, Spanien oder sonst wo schöne Volkslieder gibt.
Im deutschen Raum besteht, lässt man einige Hochburgen regionalen und nationalen Überselbstbewusstseins mal außen vor, die Gefahr, sich mit deutschsprachigen Volksliedern entweder in die Glatzen- oder Schlagerecke zu degradieren. Inwiefern reagiert ihr auf diesen Missstand oder gibt es ebd. eures Erachtens nicht?
Unser Ansatz ist ja ein völlig anderer. Wir kommen ja aus der Folk- und Weltmusik-Ecke. Unsere Art zu singen und unser Instrumentarium unterscheidet sich sehr stark von den üblichen Schlager- und Musikantenstadl-Bands. Hannas jazzige Versionen und die komplexen Arrangements sollen da ein völlig anderes Publikum ansprechen. Bei uns sind die Wurzeln regional aber unser musikalisches Selbstverständnis ist global. Und wenn sich doch mal ein NPD-Wähler in unser Konzert verirren sollte, so sollte er- noch vor dem ersten Ton- beim Anblick von Tims Hippie-Outfit und Hannas bunten Tüchern verstehen, dass er hier völlig fehl am Platze ist.
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Vielen Dank für diese Ein- und Ausblicke! „Über den Berg“ ist übrigens mein Favorit auf der „bann dr Morche grauit“. Dann bleibt nun also noch das Lauern auf eine Live-Genuss-Gelegenheit in der Nähe.
Wenn es so betont wird, hier nun eine kleine Frage: Was ist der Unterschied zwischen der Thüringer Waldzither und der Tischzither?
siehe mein Kommentar 🙂
Liebe Sandra,
der erste Link zeigt eine Vogtländische Waldzither und die Thüringer Waldzither hat ein Kopf wie eine Gitarre.
http://de.wikipedia.org/wiki/Waldzither
Der zweite Link zeigt eine Tischzither.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zither
Vielen Dank, lieber Jens. Wikipedia weiß wie immer alles.
😉
Der Beitrag macht echt neugierig, muss ich mich doch gleich mal kundig machen. Danke dafür.