Wer oder was ist Sleepwalker’s Station? Das haben sich in den letzten sechs Jahren so einige gefragt bei einem der rund 700 Live-Auftritte in ganz Europa. Ob jetzt auf dem Glastonbury Festival in England oder dem No Sin Música Festival in Spanien – immer wieder tritt das Musikerkollektiv in unterschiedlicher Besetzung in Erscheinung. Und genauso bunt und unterschiedlich wie die Besetzung der Band ist auch das neue Album des italo-deutsch-spanischen Kollektivs, aufgenommen mit über 20 Musikern aus ganz Europa. Das Genrespektrum reicht von Chanson über Tango bis zu alpenländischen Liedermachern, ohne dabei einen gewissen Folk-Kern zu verlieren.
Nach vier Jahren Studioveröffentlichungspause und dem Album „Reptile skin“ melden sich Sleepwalker’s Station nun mit ihrem sechsten Album, „Lorca„, zurück. Das eröffnet mit la Valse, einem Instrumentalstück in bester die-fabelhafte-Welt-der-Amélie-Manier. Es folgt, in weiterhin gemäßigtem Tempo, Hacia Marte, mit Flamenco-Esprit. Mit Geige, Gitarre, Trompete, Perkussion, Bass, Akkordeon und vielstimmigen sowie vielsprachigem Gesang (Spanisch, Italienisch, Deutsch, Französisch) ist das schwer fassbare Klangkonglomerat unverortbar in folkloristischen Gestanden aus aller Welt unterwegs.
Uni di noi klingt eingangs ein ordentlich nach Everlasts White Trash Beautiful und forciert diesen Eindruck durch Rapp- und Scratch-Kombination. Immer wieder brechen Mundharmonika-, Streicher- und Belcanto-Zwischenteile mit diesem Duktus. Ein vielstilistisches Meisterwerk nach Maß. Auch Winter in Berlin bleibt dem Anspruch überraschender Vielschichtigkeit treu. Nicht nur, dass nach vier Titeln zum ersten Mal ein deutschsprachiger Text erklingt – der zudem durch ästhetische Ehrlichkeit überzeugt –, es sind immer wieder die Kombinationen unterschiedlicher Stile, die „Lorca“ zu einem echten Juwel machen.
Das aktuelle Album von Sleepwalker’s Station ist das bisher beste Albums dieses Jahres. Vom Anfang bis zum Ende innovativ. Mit spielerischem Tiefgang. Überraschenden Eingängigkeiten. „Lorca“ ist ein musikalisches Wimmelbild, das mit jedem Hören neue Details offenbart, die man in ganzheitlicher Betrachtung nie zu einem überschaubaren Ganzen bringen wird. Wenn es akustisches Fernweh für Menschen, die eigentlich kein Fernweh haben, gibt, dann klingt es so. Ich verneige mich tief vor diesem Album und seinen Urhebern.
Titelliste
- La Valse
- Hacia Marte
- Rue du Bourg
- Uno di Noi
- Winter in Berlin
- Wandering People
- De Molinos y Gigantes
- Unterwegs
- Giorni Sul lago
- Tucumán
- Sevilla
- Si J’étais
- Las Flores del Mal
- Assunta
Ich bin ein bisschen verliebt. Dafür meinen großen Dank an euch, ohne die es diese Bekanntschaft nicht geben würde.
Sehr gern und jederzeit wieder.