Wer sich täglich durch viele Genres hört und immer Musik im Hintergrund hat, der läuft vielleicht Gefahr unempfänglich für neue Eindrücke zu werden. Immer seltener scheint man einen oder einer Küstler*in/ Band zu begegnen, der/die mit dem ersehnten Wow-Effekt zu begeistern weiß. Zumindest ergeht es mir oft so.
Darum war ich umso überraschter, als ich das erste Mal ,,Tango bis zuletzt‘‘ von Singadjo hörte.
,,Von überall kommt irgendwer daher mit irgendeinem Kack!
Was wollen die bloß alle nur von mir, mir geht das tierisch auf den Sack!
Ich hab die Schnauze so gestrichen voll von diesen ganzen Leuten,
die ständig mir mit irgendeinem Scheiß meine schöne Zeit vergeuden‘‘
So trällerte die erste Strophe des ersten Titels ,,Endlich wieder Mucken‘‘ fröhlich vor sich hin, indes ich in meiner Küche sehr überrascht, aber breit grinsend meinen CD-Player anstarrte.
Ja, verdammt! Endlich mal wieder eine Band die mir mal ganz ungeniert aus der Seele spricht! Ähm, ich meine natürlich singt! Nun gut. Weiter im Kontext. Neben dem charmanten Pöbeln fiel sofort auf, wie dynamisch alles musikalisch getragen wird. Mit Posaune, Geige, Akkordeon, Mandoline, Gitarre und weiteren Instrumenten erschaffen die Musiker*innen ein vielfältiges und schönes Klangbild.
Von den insgesamt 14 Titeln stammen die meisten aus eigener Feder, aber auch Cover finden sich auf dem Werk. Die Texte der Band sind frech, ehrlich und charmant. Alltagsidioten wird verbal eine lange Nase gezogen und zugleich ein Statement gesetzt. So klingt es beispielsweise in dem Titel ,,Ethnopluralist‘‘ wie folgt:
,,(…) Wie man aussieht, wo man herkommt, das ist so was von egal,
welche Sprache man auch redet – drauf geschissen!
Die ganze Welt ist uns‘re Heimat und kein Mensch ist illegal,
und alle Grenzen gehören eingerissen (…)‘‘
Unter den Covern sticht eines besonders hervor. ,,Tango bis zuletzt‘‘ ist ein zum Teil ins Deutsche übersetztes Cover des Stückes ,,Tango Till They‘re Sore‘‘ von Legende Tom Waits. Gesanglich gelungen und angelehnt an den Stil Waits ist es eines der ruhigeren Titel.
Die Musik des Werkes generell zeigt sich grandios virtuos und bleibt dabei angenehm schubladenlos. Folk, Liedermacher und Weltmusik mit jazzigen Swingtönen, die hier und dort einen Hauch von Balkan oder Blues mit sich tragen, ergeben einen Mix der den Silberling zu einem vielschichtigen Werk macht, das Langeweile keine Chance lässt.
Allerdings sei gesagt, dass dem Hörer der sein Hauptohrenmerk auf die Vocals legt, hier wahrscheinlich nicht das große Glück erwartet. Gesanglich variieren die Künstler*innen nicht viel, jedoch nimmt dies nichts an der Qualität des Ganzen. Singadjo legen ihren Schwerpunkt auf ihre Instrumente und deren Dynamik zusammen mit den herrlich ehrlichen Texten.
,,Tango bis zuletzt‘‘ ist ein charmant humoriges Album, welches sich durch unzensierten Witz und musikalisches Können auszeichnet. Eine klare Empfehlung!
Titelliste
01. Endlich Wieder Mucken
02. Kotzendes Emoji
03. Don Quijote
04. Barcelona
05. Schwarzel Gold
06. Ethnopluralist
07. Malenki Malchik – Kleiner Junge
08. Liebeskasper
09. Dynamit
10. Hallo Abendland
11. Tango Bis Zuletzt
12. Dornige Chancen
13. Weiße Ärsche
14. Die Straße Führt Immer Irgendwohin