So sehr man sich auch immer daran stört, mindestens fünf Jahre auf ein neues Nightwish-Album warten zu müssen, so sehr ist es das Warten dann auch immer wert. Die Finnen haben, endlich, ihr neuntes Studioalbum Human :||: Nature veröffentlicht. Genau genommen sind es sogar zwei Alben, oder ein in zwei Teile geteiltes extra großes Album, wie man denn will. Der erste Teil besteht aus „klassischen“ Nightwish-Songs während der zweite eine achtteilige, rein instrumentale Suite darstellt, auf die jedoch an anderer Stelle gesondert eingegangen werden soll.
Neugier auf die neue Scheibe weckten ja bereits die zuvor veröffentlichten Singles „Noise“ und „Harvest“ welche unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Opener des Albums, „Music“ baut diese Spannung und Neugier mit seinem dreiminütigen, instrumentalen Intro dann auch noch weiter aus und überzeugt auch in Folge mit mal klarem, mal verspieltem Gesang der in kürzester Zeit die Entstehungsgeschichte von Musik erzählt.Und vor allem Floor ist es, die hier und durch das ganze Album hinweg, immer wieder mit ihrer großartigen Stimmkraft überzeugt.
So auch in „How’s the Heart“, welches abgesehen davon aber auch durch seine textliche Botschaft zu überzeugen weiß. Wunderbar sind hier außerdem die dominanten Pipes, die an alte Songs wie The Islander erinnern und dem song eine folkigere Note verleihen. Die interessante Art und Weise wie mitten im Satz, die eine Strophe abgebrochen wird, der Chorus sich dazwischen schiebt, und der Satz dann danach erst beendet wird, ist ebenso genial, wie die Tatsache, dass der eigentlich sehr kompakte Text auf so viele verschiedene Weisen gesungen wird, dass am Ende, ohne dass es langweilig werden würde, doch ein fünf Minütiges Lied dabei herumkommt. Diese Ballade ist aufgrund ihrer Komplexität definitiv nicht zu unterschätzen.
Das wohl großartigste Lied des Albums ist jedoch „Pan“. Textlich finden sich hier zum einen so viele interessante Hinweise auf andere Künstler*innen und zum anderen eine kraftvolle Botschaft, das Leben in die eigene Hand zu nehmen. Musikalisch verpackt ist das in eine kontrastreiche Mischung aus mystischem, perlendem Klavier sowie druckigen Gitarren & Streichern. Dazu kommen abwechselnd weiche und stakkatoartig-harte Gesangsparts, die wieder einmal Jansens ganzes Können demonstrieren.
Ebenfalls zu den härteren Songs des Albums gehört „Tribal“, welches, wie der Name es verlangt, roh, düster und schnell daher kommt. Besonders im Chorus überzeugen hier Jansen und Marco Hietala gemeinsam, und auch die gutturalen „Gesangs“parts dieses Lieds sind einfach nur gut. Darauf freue ich mich live!
Nachdem Hietala auf dem ganzen Album für meinen Geschmack zu wenig zu hören war, erhält er seinen großen Auftritt mit dem Schlusstrack des Albums, Endlessnes. Der melancholisch, düstere Song scheint ihm wie auf den Leib geschrieben geworden zu sein, und überzeugt mit den Kontrasten zwischen den druckvollen Strophen und dem getragenen epischen Chorus. In Teilen erinnert das Lied außerdem klanglich an die Band der Hietala-Brüder, Tarot.
Mit einem teils düster, druckvoll teils-positiv verspieltem Album, das sowohl epische Elemente aufweist, als auch mit vielen kleinen Details überzeugt, ist Nightwish wieder einmal ein großes Stück Band- und Musikgeschichte gelungen! Komplex und vielseitig aufgebaute Musik trifft auf Songtexte voller Tiefe, die fünf Jahre Warten einfach vollkommen rechtfertigen. So etwas schreibt sich nämlich nicht mal eben nebenbei.
Titelliste:
1 – Music
2 – Noise
3 – Shoemaker
4 – Harvest
5 – Pan
6 – How’s the heart?
7 – Procession
8 – Tribal
9 – Endlessness