Der großartige Victor Hugo hat geschrieben: „Die Musik drückt aus, was nicht gesagt werden kann und worüber es unmöglich ist, zu schweigen.“ Dieser vielzitierte Satz erfährt insbesondere in Instrumentalmusik eine adäquate Übersetzung. In diesem Jahr haben Malte Vief & [das] HeavyClassic Ensemble das Album „Kammer“ veröffentlicht. Den ersten Teil einer Reise seiner Interpreten durch das eigene Leben.
Die „Kammer“ ist für mich ein Symbol für die Begegnungen verschiedener Menschen in einem geschlossenen Raum, im wirklichen wie übertragenen Sinn. Dieser Raum ist ein Raum, in dem wir uns begegnen können. Ich bin in ihm geschützt und gefangen. Er gibt mir Geborgenheit und Nähe – er fordert mich heraus, mich schützen und abzugrenzen zu wollen. Er hat eine unendliche Weite, ist unbegrenzt groß – er schnürt mich ein, nimmt mir die Luft zum Atmen.
Malte Vief wurde in „Gitarre und Bass” bereits zweimal als Newcomer des Monats ausgezeichnet und ist bei nationalen wie internationalen Wettbewerben vielfach bepreisträgert worden. So unter anderem beim Indie International Songwriting Contest 2014 in der Kategorie „Instrumental“ und beim Wettbewerb Songdoor International Songwriting Competition.
In den letzten 7 Jahren hielt ich mich in zwei „Kammern“ auf, die mein Leben in dieser Zeit bestimmt und ausgefüllt wie erfüllt haben. Die eine davon ist meine Familie, in der ich das Vater werden und sein, das Wachsen zu einer Familie und schließlich eine Trennung erlebt habe. Die zweite ist mein Trio mit Jochen und Matthias. Auch wir sind eine kleine Familie, die von Begegnungen lebt und zehrt – im doppelten Sinn machen wir hier „Kammermusik“. In finde den häufig benutzten Vergleich zwischen einem Ehepaar und einem Musik-Ensemble sehr treffend und wahr, weil wir uns auf engem Raum sehr nah kommen.
Mit Gitarren, Mandolinen und Cello geht das Trio ans musikalische Tagwerk – an das Erschaffen von „Kammern“ in Klängen. Birk eröffnet das insgesamt 39 Minuten währende Album. Das drängende Gitarren-Picking gibt dem in Cello in Flageolets seinen Raum. Indes sich Letztgenanntes sphärisch über das Drängen legt, werden punktuelle Melodie-Nuancen eingeworfen, ehe sich alle drei Musiker in einem tranceähnlichen Taumeln verlieren. Nicht vergessen. Exzessiv miteinander muszierend, ehe sich das gemeinsame Wirken nach kurzem Ritardando im verklingenden Hall verliert.
Der Folgetitel, Veit, eröffnet in Flageolets auf der Gitarre. Die brummenden Largo-Cello-Saiten drängen im Einklang mit den gezupften Gitarren-Saiten in einen B-Teil, der sich stehenden Fußes – allem Drängen beraubt – in ein spielerisches, beinahe liedhaftes Intermezzo verkehrt.
„Kammer“ ist ein Virtuosum. Das Album strotzt vor Raffinesse, spielerischer Perfektion und kleidet sich in eine spielerische Leichtigkeit, die die Kunst seiner Hervorbringer nur erahnen lassen kann. Da Album ist musikgewordene Emotion – ein tragisches, leichtfüßiges und wundervolles Abbild von Alltäglichkeiten, deren Zauber alles Große und Kleine eines Lebens in sich vereint.
Titelliste
- Birk
- Veit
- Nocturne: Eis
- Nocturne: Trauer
- Wiegenlied
- Kindes Erwachen
- Bambule
- Freude
- Vergissmeinnicht
- Birk Reprise
- Abend: Versöhnung I
- Abend: Der Mond ist aufgegangen
- Abend: Versöhnung II
- Abend: Auryn