Die schweizerisch-amerikanische Singer-Songwriterin und Fiddlerin, Mala Oreen, hat vor Kurzem mit „Awake“ ihr zweites Soloalbum veröffentlicht. Zuvor hatte sich die in Luzern lebende Musikerin in die USA aufgemacht und in der kargen Landschaft New Mexicos oder dem texanischen Nachthimmel das passende Ambiente gefunden, um sich in spätnächtlichen Duellen mit sich selbst auseinanderzusetzen.
Zehn Songs umfasst das klangliche Abbild einer Abenteuerreise, die in Hill Country, Texas geschrieben und in Nashville, unter der Regie von Neilson Hubbard, aufgenommen wurde. In einer wunderbaren Mischung aus Folk, Americana und Singer/Songwriter erzählt „Awake“ die Geschichte eines weitgereisten Herzens auf staubiger Straße. Dabei bedient sich Mala Oreen genretypischer Stilelemente, wie im Opener „Ragged Queen“. Die herkömmlichen Lederstiefel entstaubt sie jedoch mit ihrer sanften Stimme und bricht mit Klischees, ohne diese zu verneinen.
„Kreativität braucht Mut“, sagte einst Henri Matisse. Heute findet sich dieser Spruch auf Bechern gedruckt. Genau dort hat Oreen selbigen entdeckt und sich mit ihrem eigenen Schaffen auseinandergesetzt. Jeder Song ist wie ein Kind, das man prägt, aber nie weiß, wie es sich entwickelt und das einen die Welt manchmal durch andere Augen sehen lässt. Herausgekommen ist das eingängige „Offspring“.
Mut spielt auch weiterhin eine Hauptrolle auf „Awake“. Wenn wir uns, gezwungenermaßen oder freiwillig, Veränderungen stellen, so bedarf es Selbstvertrauen, die entscheidenden Dinge zu tun, den einen grenzüberschreitenden Schritt zu wagen. Mala Oreen hat sich ihrer Komfortzone entrissen und fern der Heimat vielleicht eine dieser Schwellen überschritten.
Und auch, wenn der Mut einmal abhanden kommt, sich Lücken im (eigenen) System offenbaren, so können diese Lücken durch Neues geschlossen werden, ohne die Angst zu leugnen, die damit einhergeht. In Oreens Sprachgebrauch wandeln Geisterkatzen, vernebelt der Kritiker im Hinterkopf den Blick. Doch das alles ist nur Einbildung, ein Konstrukt, ein Dämmerschlaf, aus welchem man erwachen kann. Und so befinden wir uns am Kern des Albums. Wenn wir im Stande sind, die Einzelteile unserer Existenz neu zu ordnen, uns Raum zu schaffen, um zu gesunden (ganz im Hesse’schen Sinne), dann kann sich das Herz öffnen und sich dem Leben hingeben.
„Awake“ ist das passende Album zum Herbst, denn die darauf enthaltenen Gedanken sind aus tiefer Introspektion erwachsen. Anhand der Abfolge der Songs lässt sich Oreens Zeit in Texas auf mentalem Wege nachverfolgen. Die Stücke fließen sanft durch den Hörer hindurch, ohne sich aufzuzwingen. Ein ehrliches, ein sanftes und ein mutiges Album!
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Titelliste:
01. Ragged Queen
02. Moon Same Moon
03. Offspring
04. Soldier On
05. Threshold
06. Breathing Hope
07. Ghost Cat
08. Awake
09. Mosaic
10. Untied