„Oh nein, ist sie schon kaputtgegangen?“ Das fragte mich unlängst eine Freundin, der ich stolz meine neue Bodhrán präsentierte. „Äh … nee, wieso?“ – „Na, weil du sie mit Panzertape zusammenhältst?“
Was ich zunächst für eine äußerst skurrile Reaktion hielt, scheint aber doch gar kein so ungewöhnlicher Gedanke zu sein. Ich machte mich also auf und befragte mehrere Nicht-Trommler, ob ihnen das Tape auch aufgefallen war – und tatsächlich: Durch die Bank weg bekam ich die Antwort, dass sie es schon seltsam finden, eine Trommel mit Klebestreifen zuzukleistern. Für sie müsse eine Trommel entweder hochkompliziert verschraubt sein und irgendwie technisch raffiniert aussehen (wie z. B. bei einem Schlagzeug) oder ganz traditionell, schön verziert und ursprünglich (wie z. B. Djemben). Hm. Das fand ich ja mal wieder super spannend, wie unterschiedlich die Menschen Dinge wahrnehmen. Mir persönlich war das Klebeband überhaupt nicht negativ aufgefallen – ich fand, die Trommel sieht dadurch einfach mal cooler aus. Mich hatten eher die unterschiedlich breiten Rahmen, wobei einige auch noch konkav waren, irritiert.
Im Expertengespräch mit Christian Hedwitschak
Wozu ist aber nun eigentlich das Panzertape da? Nur zum cool aussehen? Und wie ist generell eine Bodhrán aufgebaut? Warum gibt es unterschiedlich breite Rahmen? Kann man eine Bodhrán stimmen? Um diese und weitere Fragen zu klären, habe ich mich – sehr raffiniert von mir, wie ich finde – an einen Mann gewandt, der es wissen muss: Christian Hedwitschak, seines Zeichens Schreinermeister und Weltmarktführer im Bodhránbau. Die wichtigste Frage, die mir auf den Nägeln brannte, war allerdings, wie denn bitte ein im oberbayerischen Sulzemoos lebender Schreiner auf die Idee kommt, irische Rahmentrommeln zu bauen – die Insel liegt ja nun doch ein, zwei Kilometerchen entfernt. „1.3428 Kilometer, um genau zu sein, ja“, fing Christian an. Nun, vielen Dank dafür 😉 Das erste Mal hatte er 1999 eine Bodhrán bei einem Fiddler’s-Green-Konzert (Folknews berichtete über das neueste Album) erspäht und war von ihrem Klang sofort ganz hingerissen, erzählt er. Im Urlaub kaufte er sich dann eine Touristen-Bodhrán, und bestellte kurz darauf zwei weitere aus Irland. Die Verarbeitung der Instrumente missfielen seinem Schreinerherzen jedoch sehr – ein Rahmen aus Ahorn hätte ihm mehr zugesagt. Das sah zu diesem Zeitpunkt aber offenbar nur er so, niemand wollte ihm eine solche Bodhrán bauen. Mehr aus der musikalischen Not geboren also, versuchte er sich selbst daran, und wurde prompt an einem feuchtfröhlichen Abend im Pub auf genau diese Trommel angesprochen – und hatte seinen ersten Kunden. 2002 gründete er seine eigene Firma „Bodhránmaker“ und ist heute weltweit für seine Arbeiten bekannt.
Teile und Funktion einer Bodhrán
Ich fragte den Herrn und Meister also, aus welchen Teilen eine Bodhrán besteht – und was bekomme ich als Antwort? „Klackklack und Bummbumm.“ Dass sich diese Experten immer so geschwollen ausdrücken müssen! Damit es auch wir Unwissenden verstehen, schob er jedoch noch hinterher: „Na gut, im Ernst: Heutzutage besteht eine Bodhrán schlicht und ergreifend aus dem Außenrahmen, dem Stimmrahmen und dem Trommelfell.“ Jetzt will der Laie natürlich nicht nur wissen, was man da für Teile in den Händen hält, sondern auch, welchen Nutzen bzw. Funktion ebendiese innehaben.
„Der Außenrahmen liefert die nötige Umgebung, damit der Stimmrahmen gegen das Trommelfell drücken kann, und verhindert damit einen ‚akustischen Kurzschluss‘, sprich formt den entstandenen Schall und richtet ihn.“ Er bildet also das Gerüst der Trommel, und ist in verschiedenen Größen, Breiten und Formen zu finden, die den Klang der Bodhrán allerdings nicht so stark beeinflussen, wie man annehmen könnte. Dazu erfahrt ihr in einer späteren Ausgabe von BodhrÁnswers noch mehr. Weiter geht es mit dem Stimmrahmen.
Wie der Name schon vermuten lässt, ist er dazu da, das Instrument zu stimmen – also das Trommelfell unterschiedlich stark zu spannen. Durch den direkten Kontakt zwischen beiden Komponenten wirkt sich der Stimmrahmen also sehr stark auf den Klang der Bodhrán aus. Das Membran letztlich erzeugt Schwingungen in der Luft, die als Schall im Ohr ankommen und als Ton wahrgenommen werden.
Materialien, die für den Bodhránbau eingesetzt werden
Beim Bau einer Bodhrán greift Christian auf unterschiedlichste Materialien zurück, je nachdem, wie die Trommel am Ende aussehen und/oder klingen soll. Hauptsächlich wird Schichtholz aus Ahorn, Esche oder Buche für die Rahmen genutzt, für günstigere Modelle wird auch Sperrholz (Birke, Buche, Pappel) verarbeitet. Ganz selten kommt Massivholz, das aus einem Stück gebogen wird, zum Einsatz.
Der Stimmmechanismus besteht aus Metall und Kunststoff und das Trommelfell traditionell aus Ziege, aber auch Hirsch, Känguru oder Kalb. Und um nochmals auf das ominöse Tape zurückzukommen: Kloppt man auf eine Trommel, entsteht ein ganz bestimmter Sound. Wie genau das funktioniert, klären wir ebenfalls in einer späteren Ausgabe der BodhrÁnswers. Jetzt ist erst einmal wichtig zu wissen, dass das Fell in Schwingung gerät und sich dabei ein harmonischer Klang bildet, der aus Grundton und mitschwingenden Obertönen besteht. Klingen extrem viele Obertöne mit, wirkt der Ton diffus. Um diesen Effekt zu verringern, wird das Tape eingesetzt – es reduziert die Obertöne und der Sound wird voller und satter.
What’s next?
Jetzt haben wir also imaginär eine neue Bodhrán gebaut – find ich ja jut. Damit wir aber auch das aus ihr rausholen können, was geht, brauchen wir noch eine weitere Gerätschaft: den Tipper. Stevie Moises – der nächste Bayer im Bodhrán-Bunde – weiht mich in der Dezemberausgabe in einige Geheimnisse seines Tippermaker-Daseins ein. Ihr dürft gespannt sein.
Wer steckt hinter BodhrÁnswers? Das bin ich, Katharina Menzel, mit meinem Wort- und Kreativstudio Wirkungsebenen aus der Uckermark. Als freie Journalistin und Lektorin für Musik, Kunst und Kultur bin ich in ganz Deutschland unterwegs, schreibe Artikel und Rezensionen – vor allem im weiten Feld der internationalen Folk-, Indie- und Singer/Songwriter-Szene – und trommle mich glücklich.
Ihr habt Fragen, die bodhránswert werden sollen, konkrete Tipps für eine spannende Geschichte oder ein Festival? Dann schreibt eine E-Mail an die Folknews-Redaktion – eure Infos werden an mich weitergeleitet.
Fotos: Besten Dank an Christian für das Zur-Verfügung-Stellen seiner Werkstattfotos!