Im Jahr 1973 bestimmen die erste Ölkrise, die Watergate Affäre und der Putsch in Chile das Weltgeschehen. Musikalisch gründet sich in diesem Jahr mit Runrig eine der erfolgreichsten Rockbands aus Schottland und setzt neue Maßstäbe. Mit ihrer „Alles oder Nichts“ Bühnenpräsenz werfen sie jedes Mal alles in die Waagschale und reißen ihr Publikum mit – selbst oder gerade bei ihren Songs in gälischer Sprache.
Über 40 Jahre später und nach zweijähriger Arbeit an ihrem vierzehnten und letzten Studioalbum The Story haben die beiden Brüder Rory und Calum Macdonald gemeinsam mit Leadsänger Bruce Guthro, Gitarrist Malcom Jones, Schlagzeuger Lain Bayne und Keyboarder Brian Hurren alles gegeben, um dieses Album zu etwas ganz Besonderes werden zu lassen.
Herausgekommen ist dabei ein emotionales Album mit insgesamt elf neue Songs in der die Band zwar teilweise nostalgisch zurückblickt, aber in bester Runrig-Manier mit authentischem Folkrock und feinen Balladen in Englisch und Gälisch von Mythen, der Liebe zu den schottischen Highlands sowie von Menschen und ihren Geschichten erzählt. Ein bewegendes und ansteckendes Album mit einer winzig kleinen Prise Pop wie im Opener und Titelsong The Story. Ein Lobgesang an die Heimat, der in der erste Strophe in Gälisch gesungen wird und bei dem statt Bruce Guthro diesmal Rory Macdonald den Part des Leadsängers übernimmt.
https://youtu.be/WYDgzOxWnkw
Der darauf folgende Titel Onar (gälisch für „allein“) rockt mit stampfendem Schlagzeug, Saxophon und einem mächtigen Gitarrencrescendo und geht damit alles andere als in die Richtung depressiver Verlassenheit. Vielmehr widmet sich der Song dem Gefühl, eben nicht alleine im Universum zu sein und der Idee, dass es etwas Höheres und Unerklärlicheres geben könnte, als den Menschen.
Rise And Fall bietet eine wunderschöne Ballade mit einem unter die Haut gehenden, sanften Gesang. Thematisch eine Auseinandersetzung mit dem Schmerz einer Generation, die den Zweiten Weltkrieg miterleben musste, wird die Wirkung durch einen musikalischen Epilog in Form eines zarten Pianosolos am Ende noch verstärkt. Als bekennende Balladentante eines meiner absoluten Lieblingsstücke.
Beschwingter und mit folkloristischer Leichtigkeit mit geringem Countryeinschlag dagegen Even Beating Heart.
Der Band gelingt es in The Story ihre komplette Bandbreite musikalischen Schaffens einzubringen, baut dabei selbst persönliche und emotionale Erfahrungen wie den tragischen Tod eines Sohnes von einem Freund Calum Macdonalds in 18th July ein, ohne ihren Ruf als Folkrock Band auch nur eine Sekunde zu gefährden oder in eine sentimentale Ecke zu rutschen. Daran ändert auch nichts der in An-Duigh Ghab Mi Cuairt eingesetzte Chor, der das in Gälisch gesungene schottische Volkslied teilweise unterstützt. Das Lied selbst ist eine Hymne an die Dankbarkeit, mit der die Band diese für alles, was sie erreicht hat, zum Ausdruck bringt. Mit The Years We Shared dankt die Band all Ihren Fans, den sogenannten „Riggies“ und denjenigen, die sie all die Jahre unterstützt und begleitet haben. Ein schöner Zug auf einem Album, welches vom ersten Ton an überzeugt, berührt und mit Sicherheit jede Minute wert war, die daran gearbeitet wurde.
Dass es sich dabei um das letzte Studioalbum handelt, muss die Fans dennoch nicht traurig stimmen, denn es wird wahrscheinlich noch das eine oder andere Live-Album geben. Ohnehin ist Runrig die Live Band schlechthin, die es wie keine andere schottische Band schafft Brücken zwischen den geschichtsträchtigen, ursprünglichen Wurzeln Schottlands und dem modernen Folkrock der heutigen Zeit zu bauen. Verständlich, dass das Album in einer umfassenden Tour vorgestellt wird, die die Band im Oktober und November 2016 auch nach Deutschland führen wird. Erscheinen wird das Album am 29. Januar 2016 als Standard-CD, Doppel-Gatefold-Vinyl-LP und Limited Premium. Für echte Fans gibt es zudem die umfassende Limited Collector’s Box mit vielen Extras.
Titelliste:
- The Story
- Onar
- Rise and Fall / Elegy
- Every Beating Heart
- The Years we shared
- When the Beauty
- 18th July
- An-Duigh Ghabh mi Cuairt
- The Place where the Rivers run
- Somewhere