Eigentlich erwartet man traditionelle irische und schottische Musik auf Festivals und Veranstaltungen, in Bars, Pubs und vor allem auf den Straßen Irlands. Aber in einer Kirche? Dazu in Deutschland? Die ev. Luth. Epiphaniasgemeinde in Bremen bewies letzten Samstag gemeinsam mit der Schottisch-Irischen Band Coomara, dass das eine Kleinigkeit ist und auch Gemeindehäuser mit dem richtigen Konzept und der richtigen Band ebenso Stimmung und gute Laune verbreiten kann wie jeder beliebige Pub mitten in Irland.
Es war allemal eine ungewöhnliche Location. Eine große Glasfläche trennt den Raum von der eigentlichen Kirche und gibt den Blick zur rechten auf Orgel, Kanzel und Gesangbücher, und zur linken auf eine große Bühne, gemütliche Sesselgruppen, Vierertische und kneipenähnlichen Schummerlicht frei. Und natürlich gab es auch Guinness und andere kulinarische Genüsse.
Perfekte Voraussetzung also, in der sich die Band sichtlich wohlfühlte und bereits vor dem Konzert mitten unter dem Publikum zu finden war. Eine Band zum Anfassen deren Mitglieder Joanna Scott Douglas (Gesang), Jens Mencl (Bass), Gert Woyczechowski (Percussion), Jan Jedding (Gitarre) und Norbert Wehde (Bouzouki, Highland Bagpipes, Flöte) ganz nebenbei auch gemeinsam über 100 Jahre Musikerfahrung auf die Bühne bringen. Entsprechend gelassen ging es auf der Bühne zu, auf der neben erklärenden Worten zu den folgenden Stücken auch der eine oder andere Witz erzählt wurde. Vergeblich allerdings zunächst die Aufforderung zum Tanz. Das überwiegend im mittleren Alter befindliche Publikum zog es vor überwiegend auf den Stühlen wippenend zu klatschen und ließ sich auch nicht durch einen 6 jährigen animieren, der als einziger bis zum Schluss bei jedem Lied tanzte und dafür am Ende nicht nur den Dank der Band, sondern auch einen Sonderapplaus vom Publikum bekam.
Coomara bietet traditionelle schottische und irische Lieder und interpretiert sie in Ihrem ganz eigenen Stil in dem sich auch manchmal Elemente des Blues und Pop finden lässt. Mitreißend, entführend, heiter, schnell und vor allem abwechslungsreich. Dafür sorgte nicht nur die eingehende Stimme von Joanna Scott, die in Liebesliedern und Balladen wie in Black is the color besonders zum Tragen kam, sondern auch die vielseitige Instrumentierung mit Gitarre, Bouzouki, Bagpipes, Mandoline, Bass, Bodhrán, irischer Flöte und Cajon, die durch die Bank vom Können der einzelnen Musiker zeugte. Und ja, auch Bagpipes wurde gespielt und liebevoll von Norbert Wehde als Botschafter der Stille betitelt. Recht hat er, wird doch die Ruhe nach dem letzten Ton ganz anders empfunden und bewertet als zuvor.
Nach der Pause ließ es sich Joanna nicht nehmen selbst die Tanzfläche zu betreten und gemeinsam mit dem unermüdlichen Tänzer einen schottischen Tanz zu tanzen. Mit dem Erfolg, dass anschließend in der nachfolgenden Polka auch von anderer Seite klammheimlich und in dunklen Ecken getanzt wurde. Spätestens mit Tel Me Ma war die Stimmung auf den Höhepunkt. Der Versuch dann beim Beggarman Song den Refrain mitzusingen scheiterte dann aber doch an dem unglaublichen Zungenbrecher, den die Band allerdings spielend und mit meiner absoluten Hochachtung immer und immer wieder unfallfrei singen konnte. Am Ende gab es von allen Seiten strahlende Gesichter und einen entspannten Veranstalter, der seinen Dank statt mit dem üblichen Blumenstrauß, mit einer einzelnen Blume, einer Schneekugel inkl. Coomara Logo und einem Entspannungsbad für die Band ausdrückte. Ungewöhnlich? Ja, aber überaus charmant und genauso passend wie die Location selbst.
Die letzten beiden der vier Zugaben waren dann mit Molly Malone und Will ye go Lassie go perfekt gewählt. Zwei wunderbare Lieder zum Abschied für einen kurzweiligen Abend mit toller Musik, bei dem kein Wunsch unerfüllt blieb und der genauso endete, wie er begonnen hat: Mit einer sympathischen Band mittendrin, offen und bereit für Gespräche und dem einen oder anderen kurzen Gitarrenunterricht am Rande.
Wer den Abend verpasst hat, bekommt die nächste Gelegenheit am 11.07.15 im Bootshaus Bremen-Blumenthal. Weitere Termine gibt es unter http://www.scott-douglas.de/index.php/de/scott-douglas/bands/coomara.html . Wem der Weg in den Norden zu weit ist, besorgt sich einfach das aktuelle Album Plaid Again und genießt zu Hause. Aber nicht nur wippen – Coomara muss man Tanzen!
https://youtu.be/v6iIW3e3eCk
Toller Artikel und schade das ich nicht dabei war.