Ihrem gälischen Namen nach, der, entgegen der deutsch-phonetischen Intuition, „gwi-cha“ ausgesprochen wird, ist das Quintett eine Aufforderung des Herkommens, denn nichts anderes steht namentlich auf ihren Flaggen: Komm her! Zudem überschreiben sich dich Limericker mit dem Zusatz „Irish tradition – a fresh take“. Nun haben die vier Herren und die Frontdame ihr nunmehr drittes Album produziert, das ebenso hochdekoriert ist wie die Musiker der Formation.
Gleichwohl selbst in der Summe noch jung an Jahren zieren zig nationale und internationale Preise die musikalische Brust der Band. Doch wie klingt „Irish tradition“ mit „fresh take“? Mit Bodhrán, Akkordeon, Banjo, Gitarre und Fiddle zeigen sich GOITSE eher durchschnittlich instrumentiert. Der Elftitler eröffnet mit Tall Tales und dem trauten melodiösen Gleichklang von Fiddle und Banjo und überrascht diesbezüglich nur recht wenig. Gleichwohl die Bodhrán von technischer Raffinesse zeugen mag und sich durch die ihr möglichen Klangfacetten Arbeitet, bleibt der wenig unterhaltsame Gesamtklang der Rahmentrommel dennoch gegenwärtig. Hinzu kommen stahlsaitige Gitarrenriffs, die nicht nur klanglich abdecken, sondern das Gesamtgeschehen zudem ein wenig rhythmisieren.
Dann und wann erklingen ruhigere Weisen, die insbesondere durch das Piano getragen werden. Ich höre deutlich den sogenannten Irish Folk bzw. „Irish tradition“. Das Mehr offenbart sich mir indes nicht. In Zeiten weltmusikalischer Globalisierung verspreche ich mir von „sie haben dir Tür zur Weltmusik jetzt noch einen Spalt weiter geöffnet“ jedoch etwas mehr. Selbstredend verweilen GOITSE nicht in den Gestaden der üblichen Jigs und Reels, sondern überzeugen insbesondere durch ihre Eigenkompositionen. Aber auch diese sind unverkennbar der irischen Instrumentalmusik verschrieben.
Mit Ye Livers All erklingt endlich auch eine Vokalleistung, die durch die geigende Dame Àine McGeeney vorgetragen wird. Leicht aspiriert, vom wohlklingenden Piano getragen, säuselt sich die Dame durch die Strophen, indes von echtem Volumen keine Rede sein kann.
So ist das Album schlussletztlich kein echter Aufhörer der momentanen Folkentwicklung. Gleichwohl Selbstbeschreibung und Pressetext eine Exklusivität sondergleichen versprechen, erschließt sich mir ebendiese nur leidlich. Schade drum, denn ohne die durch die Beschreibung viel zu hochgesteckten Erwartungen wäre „TALL TALES & MISADVENTURES“ ein wohlgefälliges Album. Nur weil das Cover das vermeintliche Bandgefährt ziert, das gen Germany, America, China und Jamaica, heißt das jedoch noch lange nicht, dass ebendiese Klangvielfalt auch im Album steckt. Aber vielleicht soll die Reise ja noch in diese Gestade gehen. Hoffentlich, denn nicht weniger ist mehr, sondern mehr ist mehr.
Titelliste
- Tall Tales
- Slip Carefully
- Carrick-A-Rede
- Kansas City Knockout
- Boodlin‘
- Ye Lovers All
- Trip to Dixie
- Changing Lanes
- Tá Sé ‘ne Lá
- 619
- Misadventures
Wenn die Musik im Video den musikalischen Eindruck der CD widerspiegelt, muss ich mir das Album kaufen. Tolle Musik und schöner Gesang!
Die Rezension regt auf jeden Fall zur weiteren Recherche an… Quod esset demonstrandum. 😉