Nach „Von Wegen“ (2014) liegt nun das Doppelalbum „Heimkehr“ mit zwei mal elf Titeln vor, das sich angenehm entklischeeisiert ausnimmt. Dass das Sextett mit der Offenbarung „im Herzen MinnePack“ eröffnet, mag inhaltlich wenig überraschen. Gleichwohl wird diese Selbsterkenntnis musikalisch derart abwechslungsreich kredenzt, dass der inhaltliche Aspekt durchaus in den Hintergrund treten darf. Über die volle Länge des Albums überzeugt das Schlagzeug, inkl. Perkussion, mit der angemessenen Harmonie aus spielerischer Virtuosität und dem Dienst an der Musik. Mit Blick auf die üblichen Stereotype der sogenannten Mittelalterszene offenbart sich hier ein wohlfeiles Kleinod.
Gleichermaßen überzeugend präsentieren die Musiker – genderfreundlich gilt es Musikerinnen zu ergänzen – mit der Vielschichtigkeit ihres Gesangs. Zwischen übermäßigem Sangesduktus, der in anderen Formationen die Lächerlichkeit des Gewollten mit sich bringt, bei MinnePack indes angenehm nuancierten Einsatz findet, balladeskem Tiefgang, Unisono, vielstimmigem Satzgesang und quasi-publikumsartigem „Mitgegröle“ – MinnePack überzeugen auf voller Strecke.
https://www.youtube.com/watch?v=jtg8P_GXqwE
Bei „Die Jagd nach der Nixe“ brilliert die Geige in klarstem E-Saiten-Lagenspiel – gleicher einer Reminiszenz der besungenen Vergänglichkeit alles Irdischen. Zudem umrahmt die Frauenstimme – selbige mit vorzüglich portionierten, quasi-klassischen Vibrato versehen – gleichermaßen anspruchsvoll wie eingängig die texttragende Männerstimme.
Dass die sogenannten Mittelalterthemen eher nicht meine Präferenzen darstellen, ist dem Album schwerlich anzulasten. Gleichwohl ist nicht zu verleugnen, dass sich der Elftitler eher in inhaltlich seichten bzw. schnell bekömmlichen Gestaden bewegt. Im Hinblick auf die musikalische Kreativität und das damit einhergehende Handwerk ist das Album ein überraschendes Juwel. Kein Klischee, keine Schablone, gleichwohl Anleihen deutlich fokussiert und bisweilen karikiert werden. Lupenreine, gesangliche Vielstimmigkeiten und wechselnde Vokal-Modi, die zu jeder Zeit dem Inhalt (und nicht – wie nicht selten in ähnlichartigen Formationen vorkommend – dem Ego) verpflichtet sind. Virtuose Instrumentierung an ausnahmslos allen Begleit- sowie Melodie-Instrumenten. Ein makelloser Mix. Eine liebevolle Aufmachung im Booklet und Cover. MinnePack und ihr aktuelles Album machen eines deutlich: Es besteht Hoffnung für die Mittelalterszene, gleichermaßen erwünschte Inszenierungen auszuleben und dabei nicht dem Klischee anheim zu fallen. Seit Jahren das erste Album dieses Genres, das ich für unbedingt empfehlenswert erachte. Vielen Dank.
Titelliste – CD1
- Im Herzen MinnePack
- Matty Groves
- Die Jagd nach der Nixe
- In der Hand ‘ne Flasche Rum
- Komm heraus, Mary
- Es ist noch Whisky da
- Die Nacht des Raben
- Isolde
- Die Hexe von Menzing
- In der Taverne
- Wenn der Abend naht
Titelliste – CD2
- Die Flucht der Spielleute
- Bis ins nasse Grab
- Teufelsflöte
- Die Eine
- Was wollen wir trinken
- Was soll man tun mit betrunk’nen Zechern
- Das Lied vom Gregor
- Pestballade
- Feenreigen
- Das letzten Stündlein
- Heimkehr