Nach einem Jahr Festivalabstinenz ist das F60 European Celtic Music Festival in diesem Jahr wieder zurück im F60 Besucherbergwerk in Lichterfeld und wartet mit einem hochkarätigen Line-up auf. Zwischen 11.000 Tonnen Stahl begeisterten Folkmusiker aus aller Herren Länder das bunt gemischte Publikum. Von Ben Sands über Ticket to Happiness und Pigeons on The Gate bis hin zum Überraschungsact Ganaim bot der Veranstalter ein breites Spektrum feinster Folkmusik.
Ebenso ungewöhnlich wie der Veranstaltungsort auf dem ehemaligen Braunkohlebergbau-Gelände selbst ist auch die Anreisemöglichkeit mit den historischen Fahrzeugen des Lausitzer Dampflokclubs. Mit der sogenannten „Zschippchenbahn“ zotteln die Besucher gemütlich dem Festivalgelände entgegen.
Jigs & Reels, Irish Dance und Guinness
Pünktlich um 19 Uhr startete das Celtic Music Festival mit bekannten irischen Trinkliedern vom Trubadur Henk, gefolgt vom Singer/Songwriter Ben Sands aus Nordirland, der etwas leisere Töne anschlug und das Publikum animierte: „Mitsingen is good for the Gesundheit, for the Seele, for the Magen and for the Kopf.“ Seit 40 Jahren spielt er mittlerweile auf Veranstaltungen in Deutschland und nimmt mit seinem Song „I have to learn German before I die“ seine nach eigenen Aussagen schrecklichen Deutschkenntnisse auf die Schippe.
Zwischen den musikalischen Beiträgen begeisterten Nicole Ohnesorge und Gyula Glaser mit ihrer Irish Dance Show das mit ausreichend Guinness, Kilkenny und Whisk(e)y versorgte Publikum. Nicht lange dauerte es, bis sich die ersten Mutigen vor der Bühne sammelten und den Profis nacheiferten. Die Sue Sheehan Band sorgte neben klassischen Jigs und Reels auch mit Bluegrass- and Countryeinflüssen für musikalische Abwechslung. Die amerikanische Leadsängerin, die sowohl das Flügelhorn, die Bouzouki und die Bodhrán spielt, lebt seit 34 Jahren in Deutschland und erzählte ihren Zuhörern von „Memories“ und „Changes“, die sie in ihren eigenen Kompositionen verarbeitet.
Ticket to Happiness
Die langsam einsetzende Dämmerung und die Bühnenscheinwerfer tauchten den Ort in ein magisches Licht. Nach einer weiteren Darbietung der Irish Beats Dance Company baute im Hintergrund bereits der Headliner des ersten Abends auf. Bei der Indie-Folkband Ticket to Happiness war der Name Programm – ihre Songs rissen das Publikum mit, verbreiteten fantastische Stimmung und rockten das Bergwerk. Sie lieferten nicht nur typische irische Songs und Tunes ab, sondern überraschten auch mit französischen oder spanischen Elementen. Die unverwechselbare Stimme des Leadsängers wurde durch die eindrucksvolle Begleitung der Violine, dem virtuosen Gitarren- und Banjospiel sowie einem breiten Klangteppich vom Kontrabass perfekt untermalt. So endete der erste Festivalabend mit einem rundum gelungenen Programm und einer Portion Glück, das die Besucher mit nach Hause nehmen konnten.
Hochkarätig geht es weiter
Auch der zweite Festivaltag versprach hochkarätige Unterhaltung: Erneut standen Trubadur Henk, Ben Sands und die Irish Beats Dance Company auf der Bühne. Dazu kamen die Top Acts Pigeons on the Gate und – als absolutes Highlight – Ganaim. Das doch sehr dem Auftritt vom Vortag ähnelnde Programm der ersten beiden Künstler enttäuschte ein wenig, tat jedoch der allgemeinen Festivalstimmung keinen Abbruch, gab es doch auch viele Besucher, die nur für Samstagabend Karten gekauft hatten. Die altbekannten Gassenhauer verfehlten ihre Wirkung also keineswegs und animierten das Publikum zum Mitsingen und -schunkeln. Am Samstag in größerer Besetzung als am Vortag steppte sich die Irish Beats Dance Company mit einer grandiosen Show, ausgefallenen Choreografien und sichtbarer Freude in die Herzen der Besucher.
Echtes Pubfeeling mit Pigeons on the Gate
Aus der Schweiz angereist folgte mit Pigeons on the Gate ein Sextett, das auch die Letzten, die noch ein wenig müde von der Hitze auf ihren Plätzen saßen, von ebendiesen riss. Mit einem energiegeladenen Irish Tune eröffneten sie ihr Programm, erzählten vom entspannten Tag am See und der Vorfreude, den Abend gemeinsam mit den Celtic-Music-Fans zu feiern. Ihre Songs „Bigger than Us“ und „Chasing Suns“ forderten dazu auf, die eigenen Grenzen zu überdenken und seinen Träumen nachzujagen. Klassiker wie „Galway Girl“ und „Belle of Belfast City“ vermittelten das Gefühl einer Folksession und veranlassten das aufgeheizte Publikum zum ausgelassenen Tanzen.
Musikalische Zeitreise mit Ganaim
Nach einem letzten spektakulären Auftritt der Irish Beats Dance Company war es Zeit für den Headliner des Abends: Ganaim. Die dem geneigten Publikum bereits aus anderen Bands wohlbekannten Mitglieder des Trios schlossen nahtlos an die überschwängliche Stimmung der Vorgänger an und begeisterten mit einer Mischung aus traditionellen irischen Songs, eigenen Kompositionen und akustischem Folk aus Frankreich und Spanien. So kennen viele Saskia – unvergleichlich an der Violine – schon von der Folkrockband Schandmaul, den Frontmann Pínto (Bodhrán, Gesang und Gitarre) von Versengold und „Zorny“ (Akustikgitarre, Stompbox) von der Irish Folk Band Emerald.
Wie im Fluge vergingen zwei Tage voller Fröhlichkeit, Tanz und guter Musik. Das kleine, aber feine Festival scheint bisher nur unter Insidern bekannt zu sein. Doch die hochkarätigen Bands und das umfangreiche Whisk(e)y-Angebot lassen darauf hoffen, dass sich dieser Geheimtipp in der Folk-Welt schnell herumspricht und der Veranstalter André Speri auch im nächsten Jahr wieder Folk-Bands aus ganz Europa zusammenbringen wird.