In sechs Jahren Bandgeschichte haben sich „Bube Dame König“ dem deutschen Volkslied verschrieben. Jahrzehnte der sogenannten „Volksmusik“, Dauergrinsen und permanentem Playback haben Spuren hinterlassen. Das Wort „Volkslied“ ruft nicht selten Assoziationen wie „gähnende Schullangeweile“ oder „Florian Bildergreisen“ hervor. Kurzum: Ein Genre, dass sich einer schwindend alternden Zielgruppe erfreut? Wäre da nicht Helene Fischer. Die nicht nur an Stimmgewalt, sondern auch an Kurzatmigkeit leidet. Mit ein bisschen Techno drauf, verkauft sich „Volksmusik“, die keine ist, einfach besser.
Ironie beiseite! Es gibt sie noch: Ernsthafte Versuche, dem deutschen Lied mit Tradition neues Leben einzuhauchen. 2015 veröffentlichte das Trio bereits „Traumländlein“, das sich unter anderem der sogenannten Klassiker wie „Nun will der Lenz uns grüßen“ und „Kein schöner Land“ annahm. 2016 folgte „Winterländlein“ Mit 14 Titeln überzeugte dieses Debüt durch abwechslungsreiche Interpretationen. Nun legen die drei Musiker mit einem Zehntitler nach, der es nach dem starken Debüt per se schwer hat.
Schneeweiß Vögelein eröffnet die 33 Minuten des „Nachtländleins“ und überrascht durch den bedrohlichen Duktus, das düstere Drängen, das durch den Gesang von Juliane Weinelt konterkariert wird. Nebst Gitarre, Drehleier und perkussivem Grundschlag ergänzt sich das Trio durch erstmals verzerrte Sounds und bisweilen diffuse Klangflächen. Überraschend anders. In einem positiven Sinne.
Es folgt Am Himmel steht der Mond so fahl in molltönender Melancholie. Das Unisono von Weinelts Gesang und der Drehleier tritt schon hier als anhaltendes Charakteristikum des Albums hervor. Wie beim vorhergehenden Titel wird der anfänglich sparsame Klang zugunsten hinzukommender Klangwirkender in sein Gegenteil verkehrt. Auch Schlaf, Kindelein, süße offenbart eher Wehmut denn spielerische Leichtigkeit. Gleichwohl melodiös von den Pipes in ungewohnt orientalischem Verlauf vorgetragen und durch wundervolle Streicher umwirkt, gelingt – insbesondere die stimmungsvolle – Abgrenzung gegenüber den vorhergehenden Titeln nicht überzeugend.
Wenn die Wellen schlafen gehen präsentiert nebst einigen titeladäquaten Wellenrauschens auch den wunderbaren Klang einer Posaune – und verbleibt, trotz aller Raffinesse – im Stimmungskontext seiner Vorgänger. Ulinger ist der erste Titel, der aus dieser Tradition mit vorsichtigem Wagemut heraustritt. Nach diesem Ausreißer setzt „Nachtländlein“ diese virtuose und dennoch überwiegend beschauliche Reise fort. Weinelts Gesang, dessen Fokus insbesondere durch den sparsamen Einsatz der Männerstimmen forciert wird, konterkariert die bisweilen bedrohlich-psychodelische Inszenierung der Instrumente. Insbesondere in den Passagen, in denen auch die Herren zu vokalem Einsatz kommen, verliert der textliche Sinnträger wohltätlich seinen Kinderliederduktus.
„Nachtländlein“ wird in seiner Gesamtheit wesentlichen Zügen dieses temporalen Ortes gerecht. Oelmann präsentiert – wie gewohnt – lupenreine Arrangements und diffizile (gleichwohl eingängige) Details. Inhaltlich wie im Duktus hätte das Ländelein m.E. mehr von dem verdient, was die Erfahrungen des Musikerberufs mit sich bringt: Impulsive Vitalität. Aber das nächste Ländelein kommt bestimmt.
Titelliste
- Schneeweiß Vögelein
- Am Himmel steht der Mond so fahl
- Schlaf, Kindelein, süße
- Wenn die Wellen schlafen gehen
- Ulinger
- Wer hat die schönsten Schäfchen
- Kindlein mein
- Königskinder
- Gut Nacht, mein feines Lieb
- Mitsommertraum