Es ist eine Erfolgsgeschichte Made in Bremen, die ihren Anfang 2003 in kleinen Schritten begann. Heute gehören die sieben Musiker von Versengold zu den erfolgreichen Bands in der deutschen Folk- und Mittelalterrock Szene und spielen längst nicht mehr in LARP-Tavernen oder den ganz kleinen Mittelalterfesten. Vielmehr gibt es Auftritte in ganz Deutschland auf großen Festivals wie Wacken und M’era Luna. Dabei legen sie eine unglaubliche Spielfreude an den Tag und sammeln Sympathiepunkte ohne Ende. Ihr Weg zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie sich immer treu bleiben, grundsätzlich nur Eigenkompositionen spielen und vor allem musikalisch das wichtigste verinnerlichen: Weiterentwicklung.
Stillstand ist des Künstlers Tod. Und so wartet das siebte Studioalbum Zeitlos bewusst mit Veränderungen auf. Zum einen geht es nicht mehr wie bislang hauptsächlich um Themen wie Gauner, Halunken und Alkohol. Zum andern wurde die Band mit Sean „Schorti“ Lang (Schlagzeug, Klavier) und Eike „Otje“ Otten (Bass) um zwei Mitglieder und folglich um die bisher noch nicht vorhandenen Instrumente erweitert. Inhaltlich geht es dieses Mal auch um Liebe, Vergängliches und Gesellschaftliches. Und im Gegensatz zu vielen artverwandten Mittelalter Folk-Acts gehen die talentierten Nordlichter in ihren Texten mit umfassendem Tiefgang vor. Texte voller doppelter Böden, Metaphern und lyrischer Sprachgewalt, die sich vor allem dem aufmerksamen Zuhörer offenbaren. Stücke wie der Frühlingsgruß oder das abschließende Schlaflied verheißen vordergründig Ruhe und Besinnlichkeit, führen aber bei genauerer Betrachtung in finsterste Abgründe.
Und auch Kein Trinklied beweist beim genaueren hinhören, das der Titel gar nicht so einfach gewählt ist, als es anfangs vermuten lässt. Dennoch schafft das Lied den Spagat zwischen all denen, die gerne ihr Glas in geselliger Runde erheben und einfach nur Spaß haben wollen und denjenigen, die Wert auf tiefsinnige Texte legen. Nicht nur bei diesem Lied kommen beide Fraktionen auf ihre Kosten.
Generell versteht es Texter Malte „Snorre“ Hoyer kritische Themen beschwingt mit Herz, Hirn und Feingefühl umzusetzen. Die Namen von Millionen ist ein beeindruckendes Lied für den Frieden, anfangs nur mit Geige und Piano getragen, um dann deutlich an Pathos zuzulegen, ohne im Kitsch zu versinken.
Die beiden Instrumentalstücke des Albums greifen die Sonne/Mond-Thematik des Covermotivs auf. Luna’s Reel und Sol’s Reel liegen trotz des unterschiedlichen Charakters der Struktur eines irischen Reels zugrunde und zeigen die Vielseitigkeit der Band.
Offensichtlich ist das Album eine Aufforderung, nicht nur alle Körperteile durchzuschütteln, sondern auch den deutschen Texten eine gehörige Portion Aufmerksamkeit zu widmen, auf dass sie nicht nur bis in die Füße, sondern auch bis zum Gehirn gelangen. Eine hervorragend gelungene Kombination aus tiefgründigen Texten und akustischen Instrumenten, die mit dem neu hinzugenommenen Bass und Schlagzeug einen unverwechselbaren und druckvolleren Sound hervorbringt. Ein Album, was Spaß macht und sich auch nach mehrfachem hören nicht abnutzt. Vielleicht auch gerade deswegen, weil es trotz der ansprechenden Texte so leicht und locker rüberkommt und so vielschichtig und zeitlos ist, wie der Albumtitel selbst.
Waren die vorangegangen Alben so etwas wie Konzeptalben, wirkt Zeitlos wie ein Gesamtkunstwerk, indem auch sehr viel Liebe in die Gestaltung des Albumcovers steckt. Ein persönliches und sehr viel offeneres Album, das vor allem eines nicht sein möchte: eine Kopie der bestehenden.
Ein Ziel, welches auf hohem Niveau bestens gelungen ist und seine Vollendung in dem nachfolgenden Life Album Versengold Live 2015 findet. Ein Mitschnitt der Zeitlos-Tour 2015 in Hamburg, in dem auch alt bewährtes seinen Platz hat. Zeitlos eben.
Titelliste:
- Zeitlos
- Ihr seid Musik
- Kein Trinklied
- Frühlingsgruß
- Hoch die Krüge
- Wolken
- Die Schönheit der Schatten
- Luna´s Reel
- Spaß bei Saite
- Der Rubel rollt…
- Schon immer mal
- Sol´s Reel
- Die Namen von Millionen
- Schlaflied
Na, diese Rezension macht ja ausgesprochen neugierig. Womöglich lasse ich mich auf einen Hörversuch ein.
Vielen Dank, das freut mich sehr!
Und es wird auch gemunkelt, dass sowohl das Album Zeitlos, als auch Versengold LIVE 2015 demnächst bei uns zu gewinnen sein wird 🙂
Ich spekulierte bereits … 😉