Jeder entscheidet, welchen Weg er gehen möchte. Den des geringsten Widerstandenes, einem Mainstream folgend oder den eigenen. Und wer eine Reise macht, hat in jedem Fall viel zu erzählen. So haben sich die fünf Musiker der niederländischen Band ToberMore, inspiriert durch ihre Reisen unterschiedlichster Zeiten auf die grüne Insel, dazu entschieden ihrer Zuneigung und Faszination für die zugänglichen und freundlichen Rhythmen traditioneller irischer Musik Tribut zu zollen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Erfahrungen haben alle reichlich. Vincent Pompe van Meedervoort war Gründungsmitglied und zehn Jahre Teil der niederländischen Band Harmony Glen, alle anderen haben so viel Zeit spielend in Pubs verbracht wie andere vielleicht nur davon träumen.
Zwei Jahre nach ihrer Gründung 2014 legen Vincent Pompe van Meerdervoort (Akkordeon, Bodhrán, Gesang) und Herco Schuchard (Flöte, Gesang) gemeinsam mit Gerard Braun (Gitarre, Gesang), Rolf Groeneveld (Geige, Gesang) und Angus McGalligan (Flöte, Bodhrán, Pipes, Gesang) ein Debütalbum mit elf meist traditionellen Stücken vor, dessen Albumname Kisses nicht nur Ausdruck zärtlicher Zuneigung zu ebendieser musikalischen Lebensweise ist, sondern auch die Aufforderung, die Nähe zuzulassen, die eine so intime Berührung hervorruft.
Sieben Instrumentaltitel zeigen fern ab von Mainstream und Partygefühl genau das, was sich jeder reisewillige von einem musikalischen Trip nach Irland oder Schottland erhofft. Manchmal sanft und beruhigend wie der weite Blick in die Highlands in dem von Flöte und Gitarre getragene Stück Quantum of Solas , mal stampfend und anregend als Aufforderung zum Tanz in einer der vielen Pubs Irlands in Tippin´ it up to Nangy. Musikalisch auf hohem Niveau in fast jedem Instrumentalstück mit dabei: die Uilleann Pipes als Garant traditioneller Tunes.
Doch ToberMore steht offensichtlich nicht ausschließlich für den Begriff und die Umsetzung reiner Traditionales. Der Blick in das Cover zeigt die fünf Musiker in eindeutiger Rock-Pose. Zufall oder Provokation? Rockig geht es jedenfalls in den vier verbleibenden Gesangsstücken nicht zu, dennoch zeigen die Musiker hier erfreuliche Experimentierfreunde und bringen mit den Songs Outside looking in (Tim O´Brian) und Home Sweet Home (Matt Andersen) eine gute Portion Bluegrass mit ins Spiel. Beide Arrangements lassen musikalische Bandbreite erkennen und sind prädestiniert für die warme Stimmfarbe der Musiker.
Mit Oró sé do Bheatha Bhaile schließt das Album in irischer Sprache. Mehrstimmiger Gesang und Bodhrán sorgen für genau die richtige Stimmung, die die besungene Legende um Clan Führerin und Piratin Grace O’Malley bedarf, um sich in Kämpfe, Lebensqualen und Hoffnungen des irischen Volkes im 16. Jahrhunderts einzufühlen.
Kisses bietet einen wunderbar warmen Einblick in die Tradition irischen Lebens mit viel Herz arrangiert. Wer dem Klang der Uilleann Pipes zu folgen vermag, wird sich schnell gedanklich auf seine eigene Reise machen und wie ein Vogel über die Insel fliegen. Für alle anderen bietet es die eine oder andere Wegkreuzung, inklusive der Option am Horizont etwas zu erblicken, das lockt und neugierig macht.
Titelliste:
- Fead an Ioliar
- On the outside looking in
- Shlide it where the sun don´t shine
- Quantum of solas
- Napoleon´s final frontier
- Home sweet home
- Fangy tom´s favourite
- Ungle Fred´s
- Tippin‘ it up to nangy
- O´Garolan´s nightmare
- Oró sé do bheatha b´haile