Wer gerne Verbindungen zwischen Bandname und Musikrichtung knüpft, wird bei dem Namen The Dead South wahrscheinlich an wüste Steppe und melancholische Mundharmonika denken. Und ja, die vier Musiker stammen tatsächlich aus Saskatchewan, was in etwa das ist, wonach es klingt: eine Prärieprovinz in Kanada. Dennoch ist ihre Musik etwas komplett anderes als gähnende Leere. Im Gegenteil.
Bewaffnet mit Gitarren, einem Cello, das als Bass gespielt wird, Banjo, Kick Drum, Mandoline und mehrstimmigem Gesang tummeln sich Frontman Nate Hilts, Scott Prinle´s, Colton Crawfords und Danny Kenyons an temporeichen Songs mit Elementen des Folk- und Bluegrass, gewürzt mit Alternativ-Country und einem Schuss Punk-Rock. „Wir stehen einer Punk-Folk-Band wie den Pogues garantiert musikalisch näher als einer Bluegrass-Lady wie Alison Krauss“, so die Aussage der Band. Klare Ansage, der mit ihrem aktuellen Album Illusion & Doubt ordentlich Nachdruck verliehen wird.
Zwölf Songs, in denen mit Spielwitz, Wucht und provozierenden Songtexten, ironisch Alltägliches interpretiert wird. Gespielt wird dabei ausschließlich auf akustischen Instrumenten und neben der rauchig heiseren Stimme von Nate Hilts, ist vor allem das Banjospiel magischer Dreh- und Angelpunkt des Albums. In jedem der Lieder zelebrieren die vier Musiker dessen Kraft und die Ausdrucksfähigkeit und nutzen, je nach Bedarf, unterstützende Rhythmik oder verfeinernde Melodie.
Dass den Jungs der Schalk im Nacken sitzt und sie gerne eine andere Perspektive als erwartet bedienen, lässt sich bereits im Opener Boots erahnen. Erste Takte mit klassischen Country Einschlag, nur um dann ordentlich Fahrt aufzunehmen und in eine ganz andere Richtung davon zu galoppieren. Auch das folgende Every Man needs a chew macht am Ende mitsamt Banjo ordentlich Tempo. Der fröhliche Gesang von Dead Man´s Isle entpuppt sich als schräges Sauflied, in dem ein Hund gebeten wird, die trinkfreudigen mit dem Auto nach Hause zu fahren. Ausdrucksstarker, melodischer Gesang in One-armed Man und gute Laune erzeugende, rhythmusbetonte und in die Beine gehende Takte in Smoothin´in the Ditch.
Genauso unerwartet wie die ersten Takte des Albums, sind auch die letzten. Im fast 7 Minuten langen Gunslinger Glory, holen die Musiker noch einmal ordentlich aus und punkten mit cleveren Harmoniewendungen und großartigen Instrumenteneinlagen, die gerade zum Schluss im leicht klassischen Streicherstil daherkommen.
Fazit: Nicht überall wo toter Süden draufsteht ist auch toter Süden drin. Denn mit Langeweile und endloser Stille hat das charismatische Quartett aus Kannada so rein gar nichts am Hut. Viel mehr steht ihr Album Illusion & Doubt Pate für einen eingängigen, abwechslungsreichen und einzigartigen Stil auf hohem Niveau mit extrem hohem Wiedererkennungswert und Suchtfaktor, deren einziger Wermutstropfen das Fehlen eines Booklets ist, womit es ohne Songtexte an einigen Stellen schwierig wird, dem kanadischen Slang zu folgen.
Dennoch, auch ohne alles zu verstehen, bietet das Album erfrischende Blickrichtungen in einen vielleicht sonst engen und vorgegebenen Genre. Und nebenbei ist Stillstehen unmöglich und gute Laune garantiert. Besser geht ´s nicht.
Titelliste:
- Boots
- Every man needs a chew
- Dead man´s isle
- Smoochin in the ditch
- One-armed man
- The good lord
- Delirium
- Miss Mary
- Time for crawlin´
- The massacre of El Kuroke
- Hard day
- Gunslinger´s glory
Tourdaten:
18.05. Wiesbaden, Schlachthof
19.05. Bühl, Bluegrass Festival 2017
20.05. Chemnitz, Fuego A La Isla 2017
22.05. Regensburg, Bodega
23.05. München, Muffatwerk
24.05. Nürnberg, Muzclub
25.05. Leipzig, UT Connewitz
26.05. Magdeburg, Kulturzentrum Moritzhof
27.05. Radebeul, Karl-May-Fest 2017
28.05. Mannheim, Kulturbrücken Jungbusch
29.05. Köln, Die Kantine
30.05. Münster, Gleis 22
01.06. Wuppertal, Utopiastadt
02.06. Hannover, Bei Chez Heinz
03.06. Bremen, Karton
05.06. Lüchow, Kulturelle Landpartie
06.06. Rostock, Helgas Kitchen
09.06. Berlin, BiNuu
10.06. Hamburg, About Songs Festival 2017