Es sind die Kleinigkeiten, die nebenbei gemachten Äußerungen, die am Ende zu großen Taten führen.
Ob der Hinweis zweier Jugendlicher „Mama, du solltest mal wieder auf Tournee gehen. Du wirst in letzter Zeit echt zickig“ tatsächlich der Ausschlag dafür war, dass Patricia Kelly sich ihren lang gehegten Wunsch erfüllt und mit Grace & Kelly ein sehr intensives und persönliches Album auf den Markt bringt, ist nach dem Resultat fast zweitrangig.
Die Musikerin ist durch und durch Profi, lebt seit ihrem fünften Lebensjahr als Mitglied der Kelly´s auf den großen Bühnen des Musikbusiness und hat sicher noch nie etwas Unpersönliches gemacht. Dennoch ist das neue Album ihre wohl persönlichste Arbeit. Zwölf Lieder, alle selbst komponiert, getextet, produziert und geprägt von schmerzhaften Verlusten und Ängsten, aber auch von Lebensmut und viel Liebe. Musikalisch bewegt sie sich dabei auf vielschichtigen Singer/Songwriter Pfaden mit Folkeinflüssen und sehr vielen Jazz-Elementen.
Unterstützt wird sie dabei von ihrer vierköpfigen Band (Sebastian Scobel, Markus Braun, Daniel Brandl und Tim Dudeck). Alle vier exzellente Musiker der Kölner Jazzszene, die die besagten Elemente so geschickt in das Gesamtklangbild einbinden, dass sie einem ungeübten Hörer, bis auf im Song Litte Mama, ggf. erst beim wiederholten Hören auffallen. Mühelos ließen sich weitere Einflüsse auflisten. Und so beginnt das Album mit They cut me down eher poplastig mit Klavier und stampfenden Rhythmus. Ein Lied über das Gewinnen und Verlieren und der daraus resultierenden Kraft mit Stärke daraus hervor zu gehen. They Cut Me Down reißt mit und macht Mut. Ein Opener, aus dem die Erfahrung spricht, denn die Höhen und Tiefen des Lebens kennt die Musikerin zur Genüge.
Sehnsuchtsvoll, sanft und kraftvoll die Ballade I´ll hide under your coat mit dem Wunsch sich auffangen zu lassen und Verantwortung abzugeben, wenn es allzu schwer wird. Wer kennt dieses Gefühl nicht? Und wer kennt nicht dieses Gefühl keine Worte für eben dieses zu finden. Patrica findet sie. Jedes Lied eine Momentaufnahme. Direkt, intensiv, ehrlich und emotional. I´ll get up and walk zelebriert einen unzensierten Wutzustand und die mit Klavier und Streichern eingerahmte Ballade I Don´t want to fight, spart das Tabuthema Tod nicht aus.
Alle Songtexte sind im Booklet mit Impressionen aus dem Studio versehen und mit einer emotionalen Danksagung der gläubigen Musikerin an Gott und an jeden Einzelnen, der zum Gelingen des über Crowdfunding finanzierten Albums beigetragen hat, welches sie selbst als Geschenk betrachtet. Eine sehr sympathische Geste und ein runder Abschluss von einer großartigen Künstlerin für ein sehr persönliches, gelungenes und empfehlenswertes Album mit Tiefgang. Unabhängig, vielseitig und fern ab vom üblichen Mainstream.
Wer neben abwechslungsreicher Instrumentierung und einer ausgewogenen Balance zwischen gefühlvollen Balladen und mitreißenden Rhythmen Wert auf ansprechende Texte legt, wird dieses Album wahrscheinlich ebenfalls als Geschenk betrachten. In diesem Sinne:
“ Don´t you speak, don´t you speak
Don´t you say what you gonna say
Don´t you open your mouth, girl, open your mouth
and say the thinks you´re about to say“
Titelliste:
- They cut me down
- Don´t say a word
- I´ll hide under your coat
- Is this it
- Let´s go dancing on the roofs
- I don´t want to fight
- Little Mama
- I´ll get up and walk
- Little Brother
- Don´t you speak
- A new room
- Beautiful life