Zack, zack und zack! Nach dem Musikvideo Oktoberregen im Juni und dem Weihnachtsalbum im November 2013, zog es die Musiker von Nobody Knows bereits im April wieder in das Studio. Dort entstand, trotz eines vollen Auftrittskalenders und unter Mitwirkung der Gastmusiker Dietrich Eichenberg, Melchor Eichenberg und Tabiha Harzer, das ersehnte neue Folkalbum Kleinstadtrhapsodien.
Unsere Erwartung lenkt die Realität. Doch welche Erwartung erfüllt der Begriff „postmoderne, bundesrepublikanische Folklore mit nordwesteuropäischer Note und ostokzidentaler Rhythmen“, mit dem sich die Band selbst stilisiert?
Zunächst verspricht eine Rhapsodie generell ein Werk, welches nicht an eine bestimmte Musikform gebunden ist. Tatsächlich finden sich in den 13 Tracks Elemente aus Country und Folk, teilweise mit einem Hauch Rap und Polka garniert und mit einer Prise versteckter Klassik verfeinert. Gewürzt wird das Ganze mit der Ausnutzung umfangreicher instrumentaler Möglichkeiten, in denen auch Mundharmonika, Trompete und Posaune ihren Platz haben. Eine imposante Mischung mit viel Raum für den so typischen Bandsound.
Angesichts des sachten Geigeneinstiegs im Intro ist man jedoch zunächst geneigt, sein Taschentuch zu zücken. Aber genau das scheint wohl bewusst provoziert, denn im anschließenden Klugscheißerlied wird ordentlich mit Geige und Mandoline aufs Tempo gedrückt und nebenbei einmal mehr klar, dass die Band sich nicht nur selbst auf die Schippe nimmt, sondern auch Randbefindlichkeiten mit einem Augenzwinkern ihre Aufmerksamkeit widmet. Bereits nach dem dritten Lied Schüttel dich wird deutlich, worum es hier wirklich geht. Es geht um Tanz, um Spaß, darum den Alltag zu vergessen und vielleicht auch um eine Einladung den Blick durch das Schlüsselloch zu riskieren.
Sind die Texte aus den vorangegangenen Alben noch an Coverversionen, Goethe, Vogelweide und Co angelehnt, kommen sie jetzt alle aus eigener Feder des chronisch kreativen Bandleaders Max Heckel und Co-Autor Thorsten Klein. Leicht provokant, mit einem charmant ehrlichen Einblick hinter- und einem lächelnden und nicht immer allzu ernst nehmenden Ausblick von der Bühne, welcher vor allem mit Po amüsant verdeutlicht wird. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Ein wenig ruhiger geht es in Heidenröslein und Rapunzel zu. Zeit zum Luftholen und dem Text zu lauschen, welcher letzteres sprachlich in die Moderne katapultiert. Apropos Text. Eigentlich nicht viel zu sagen schafft es im Umkehrschluss eine unzählige Anzahl von bekannten Redewendungen sinnfrei und rhythmisch zu verpacken. Ein Lied, das seinem Namen alle Ehre macht.
Am Ende werden in Was bleibt die Instrumente verstaut und sich auf den vermeintlichen Heimweg gemacht. Ein wohlklingendes Abschlusslied, in dem man zufrieden in den ruhigen und eingängigen Refrain mit einstimmen möchte. Doch wer glaubt, sich jetzt entspannt zurück lehnen zu können, wird erneut eines besseren belehrt. Denn das wirklich letzte Lied Toss the Feathers besitzt einen Rhythmus, der keinen Widerstand zulässt. Da wippt auch die Bewegungsmuffel-Sandalette erneut fröhlich im Takt mit. So endet die CD wie sie begonnen hat: instrumental. Und auch ich zücke noch einmal mein Taschentuch. Aber nur, weil das Album nach 45 min tatsächlich ein Ende hat.
Wer einmal die Band live erlebt hat, weiß von der Energie und von der Lebens- und Spielfreude, die die fünf Musiker mit auf die Bühne bringen. Neben eingehenden Rhythmen findet sich immer eine Portion Witz und Selbstironie, die sich konsequenterweise in Kleinstadtrapsodien textlich nicht nur fortsetzen, sondern auch mit spürbarerer Energie perfektioniert werden. Am Ende zeigt die Band mit diesem Album nicht nur anfangs erwähnter Behauptung eine lange Nase, sondern einmal mehr in einer erfrischenden und authentischen Art ihre Vielfalt und vor allem ihre musikalische Entwicklung. Ein gelungenes Album, prädestiniert dafür, sich mitreißen und entführen zu lassen. Und wer es aushält mit dem einen oder anderen Ohrwurm ein paar Tage zu leben, wird daran nicht vorbeikommen können. Schade nur, dass es neben dem Intro mit Toss the Feathers nur einen weiteren Instrumentaltitel gibt. Macht dieser doch gerade Lust auf mehr.
Erscheinen wird das Album am 30.August 2014 unter dem neuen Label Prosodia. Und noch mal Zack, denn parallel dazu erscheint im gleichen Verlag ein Liederbuch mit Texten und Akkorden für alle ambitionierten Mitsinger.
Und wenn dann für die noch kommenden Alben tatsächlich etwas erwartet werden kann, ist es wohl die Erwartung und die Freude an das Unerwartete. Denn Freude macht dieses mit Liebe zum Detail produzierte Album mit Sicherheit.
In diesem Sinne: „es fällt der Schweiß Euch ins Gesicht, die Stimmungswoge steigt und bricht, akustisch über alle ein, wir finden das ganz fein, fein, fein…“
Titelliste
- Intro (Bahnsteiglied)
- Klugscheißerlied
- Schüttel dich
- Stay Folk!
- Fieber
- Po
- Heidenröslein
- .&-
- Fünfter Streich
- Rapunzel
- Eigentlich nicht viel zu sagen
- Outro
- Ein Plus
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Oooh, ich bin sehr gespannt 😀 !!!
Ich freue mich riesig.
Ich freue mich
Noch können wir nicht beurteilen ob dieser Beitrag treffend formuliert ist, aber wenn die neue CD so ist wie hier beschrieben, dann ist sie Spitze.
Das ist sie! 😉
Na dann, …
danke Cera für den Vorgeschmack 😀
gerne Ellen. Und das Album wird dir und allen anderen ganz bestimmt gefallen! 🙂
Was für eine wundervolle Rezension und so treffend! (ich durfte ja schon mal reinhorchen)
Toll, toll, supertoll!
Das freut mich sehr, vielen lieben Dank.!!
Wirklich toll geschrieben…bin begeistert und freu mich auf das neue Album…weiter so!!! 🙂