Während die altbekannten Platzhirsche sich kommerziellen Reizen hingeben, geht klammheimlich in Bielefeld ein neuer Stern in der Mittelalter-Folk Szene auf. Die junge Band Mythemia formierte sich erst Anfang 2013 vor dem Hintergrund, sich zukünftig gemeinsam dem Sammeln und Erzählen von Geschichten zu widmen.
Was einst in einer Taverne begann, wird im Debütalbum Weltenwanderer mit donnernden Trommeln, treibenden Rhythmen und kraftvollem Gesang in die Welt getragen. Elf Lieder erzählen hauptsächlich in deutscher Sprache mit einem gewissen Etwas und ausgefeilter Raffinesse Geschichten von fernen Ländern, Mythen und geheimnisvollen Legenden. Dazu bedient sich die Band eines imaginären Luftschiffs, welches nach einer Reise zum Lebensbaum Yggdrasil durch neue Welten, Wälder und Meere im Hafen des Wolkenmeers festmacht.
Auf der persönlichen Reise hat die Band Ihren ganz eigenen Stil entwickelt, kombiniert überwiegend schnelle Rhythmen und eingängige Melodien mit einem Pfund Mittelalter, 300 g Folk, ¼ Liter mystischer Sehnsucht und verfeinert all dies mit einer Prise Moderne und teelöffelweise Schnaps-(ideen). Mythemias Stil wird bedeutend von Shilan Andersons Stimme mitgeprägt, aber auch durch die Laute eines Didgeridoo, welches neben den üblichen Instrumenten wie Flöten, Gitarre und Laute immer wieder zum Einsatz kommt. Ach ja, dieses ungewöhnliche Instrument aus dem Stamm eines Eukalyptusbaumes ist im Übrigen ein Blasinstrument und gilt als traditionelles Musikinstrument der nordaustralischen Aborigines.
Nach einem rasanten Einstieg mit The Journey startet Ruf der Nacht zunächst mit ruhigeren Gitarrenklängen. Spannungsgeladene Rhythmen der Perkussion, Klänge des Didgeridoo in Verbindung mit tiefem Kehlkopfgesang und ein eingehender Refrain, sorgen allerdings schnell für einen Richtungswechsel.
Das Lied Weltenwanderer ist eine Hommage an das freie Leben der mittelalterlichen Spielleute. Ein ungebundenes Dasein und der Drang der Wanderschaft. „Zwischen heute und morgen / Sind Legenden verborgen/ Durch die Welten, durch Traum und Wind / Geh´n all jede die Wanderer sind.“ Es ist sicher nicht zu vermessen, gerade dieses Credo auf die innere Haltung eines großen Teils der Mittelalterszene zu projizieren.
Das gemütliche Beisammensein um ein Feuer mit Geschichten und Trinksprüchen darf natürlich bei keiner Reise fehlen. So bewegt sich Legenden an eben diesem, irgendwo zwischen traditionellem Folk, Mittelaltermusik und moderner Popkultur. Eine zunächst verwirrende Mischung, die jedoch am Ende sehr gelungen wirkt. Und wer weiß, vielleicht wird dort auch die Geschichte von dem Spielmann erzählt, der zwar gerne auf Wanderschaft ist, dabei aber absolut kein musikalisches Talent besitzt. Der Barde überzeugt nicht nur durch eingängige Passagen zum Mitsingen und einen großen Instrumentenumfang, sondern auch durch seinen charmant lustigen Text. „Es zieht ein Sänger durch das Land / Der setzt Akkorde in den Sand. / Verschreckt beim Singen Maus und Vieh/ Spielt immer anders, schön ist´s nie / Ihn schleppt das Volk nun aus der Stadt/ Weil es genug gelitten hat….“
Wer sich das Album zulegt, wird mit Sicherheit nicht leiden. Insgesamt ist Weltenwanderer eine Wohltat aus einer individuellen Instrumentierung und perfekter Stimme. Ein Debütalbum in erstaunlich hoher Klangqualität mit wunderbarem Cover und Liedtexten im Booklet. Ein Album wie aus einem Guss. Und von einer Gruppe, die bereits mit Ihrem dritten Auftritt als Vorgruppe von Fiddlers Green spielen durfte, wird sicher noch einiges zu erwarten sein. Einzelne Song-Perlen herauszusuchen erweist sich für alle Freunde des Mittelalter Folks am Ende als zwecklos.
Titelliste:
- The Journey
- Ruf der Nacht
- A Kindrom´s Tale
- Piratenballade
- Legenden
- Asche zu Feuer
- Weltenwanderer
- Guardians
- Der Barde
- Wanderer´s Path
- Bonus: The Selkie Lady