Unspektakulär und fast schon heimlich betraten Tabiha Harzer, Max Heckel und Dennis B. Markheim die Bühne, nachdem sie sich vorab ein Bild von ganz oben hinab auf das wartende Publikum gegönnt hatten. Nicht ohne mit eben diesem vorab Schabernack getrieben zu haben. So fiel das eine oder andere Papierkügelchen bereits vor dem ersten Ton.
Viele der meisten Zuhörer des nicht ganz ausverkauften, aber gut besuchten Konzerts in der Salzkirche in Tangermünde, kennen derartige Scherze von Max Heckel, der als Frontman der beiden Formationen Nobody Knows und Chapeau das Spiel mit dem Publikum par excellence lebt und liebt.
Bei dem Programm „Liederliches & noch mehr so Sachen halt“ hält er sich jedoch zurück. Zumindest zunächst. Dieses Mal teilten sich die drei Musiker die Bühne und hatten sich zur Aufgabe gemacht verstaubete Volkslieder aus dem ermüdenden Musikunterricht von einst wieder ins Gedächtnis zu bringen und mit Stücken aus dem Genre der Liedermacher zu erweitern. Dass sie dabei beim Soundcheck erstmals überhaupt die Gelegenheit hatten gemeinsam zu proben, wird während des ganzen Konzerts höchstens den Musikern selbst aufgefallen sein.
Vielmehr zeigte sich bereits mit dem ersten Lied Wenn alle Brünnlein fließen, welche hohe gesangstechnische Qualität zu erwarten war. Wie in den meisten Liedern wurde lediglich mit Gitarre und Piano begleitet und somit Raum und Platz für die gefühlvoll intonierte Gesangsstimme von Tabiha Harzer gegeben, die gemeinsam mit der Klangfarbe von Max Heckel im Duett für den einen oder anderen wohligen Schauer sorgte. Ein Konzept, das bis zum Schluss aufging und in der dritten Zugabe mit Down to the river to pray seinen Höhepunkt fand.
Mit dem zweiten Lied Anna Oda (für uns Hochdeutschen: An der Oder) lud der Liedermacher Markheim im ¾ Takt und regionaler Mundart zu einen Kurztrip in seine Heimat ein. Wer den kleinen und ein wenig zart wirkenden Musiker auf der Bühne sitzen sah, wurde dahin gehend belehrt, dass sich auch hinter kleinem Raum Großes verstecken kann. Markant, kraftvoll und wenn nötig klar und ausdauernd, taktet seine Stimme in den selbst geschriebenen Songs zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie. Sichtlich amüsiert ließ er die dann doch aufflammenden und mit einem Augenzwinkern angebrachten Sticheleien, er sei der älteste Musiker auf der Bühne oder der fraglich weiteren Zusammenarbeit wegen seiner bekennenden Einstellung als Vegetarier, über sich ergehen. Zu sehr juckte es Max Heckel dann doch, ihn ein wenig aus der Reserve zu locken. Die vielleicht anfängliche Ungewissheit, ob alles klappen würde, wich schnell einer harmonischen Lockerheit die gerade in der zweiten Hälfte durch erheiternde Gesichtsmimik, sehr zur Freude des Publikums, ausgeweitet wurde. Der zumeist ruhigere erste Teil endet mit dem Song Wie sehr. Ein warmes, ehrliches und sehnsuchtsvolles Lied unter Mitwirkung aller drei Musiker.
Alleine auf der Bühne und einem erfrischenden „ich würde dann mal anfangen“ eröffnete Tabiha Harzer mit dem einzigen Instrumentaltitel und gleichzeitig ihrer Eigenkomposition Jener Tag den zweiten Teil des Konzertes.
Die Kombination aus Liedermacher und Volksliedern konnte sich hören lassen. Wo viele Altbekanntes neu aufkochen, experimentiert Max Heckel in der Küche, um dann mit einer gekonnten Kreation aufzuwarten. Ein Koch, der sein Handwerk versteht. Selbst Klassiker wie Der Mond ist aufgegangen und Kein schöner Land wirken gar nicht mehr so altmodisch sondern tönen herrlich frisch als hätte die Nation sie nie anders als in diesem Rhythmus geträllert. Musikalisch aufgelockert wurde die Kombination im zweiten Teil u.a. durch den Countrysong Jolene, in dem Tabiha Harzer bewies, dass ihre warme Stimme bei Bedarf auch die nötige Wut und Verzweiflung hervorbringen kann. Und wie ganz nebenbei wurde in Markheims Lied Kaffeeduscht spontan improvisiert und als Refrain „Durst auf Kaffee“ leise eingeschleust. Eine Umkehrung und Aufteilung der Worte, die sich in fortgeführter Form auch noch am späteren Abend wiederfand.
Zur Erheiterung des Publikum las Max Heckel nach jeweils drei Liedern kurze Anekdoten aus seinem neuen Buch „Noch mehr so Sachen halt“ und gewährte dabei amüsante Einblicke in alltägliche Situationen.
Nach gut zwei Stunden endet das Konzert mit einem weiteren Song von Markheim. Tritt nochma nach kommt mit Ukulele fröhlich rhythmisch daher, obwohl es eigentlich ein trauriges Lied sein soll. Applaus bis zur Zugabe. Verdient. Wirklich endet das Konzert erst nach drei Zugaben mit dem fast A Capella gesungenem Lied Down to the River to Pray aus dem Film O Brother Where Art Thou. Ein besonderer Schachzug: die Verstärkung der ohnehin sehr guten Akustik mit ein wenig Hall und das langsame Ausblenden zum letzten Ton. Ein perfekter Rausschmiss.
Am Ende wird das Publikum mit einem Lächeln im Gesicht und der Erkenntnis entlassen, dass Volksmusik und Mundart immer noch einen besonderen Charme haben und dass auch Snooker nicht gegen eine gute Mischung aus Musik, Lesung, Kurzweil und Unterhaltung ankommt. Eine Mischung, bei der jeder auf seine Kosten gekommen sein sollte.
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Tabiha Harzer
Max Heckel
Dennis B. Markheim
Verlag: Prosodia
Eine fabelhafte Nachlese – großen Dank dafür!