Wie viele Zufälle braucht es, um an einem gemütlich verplanten Samstag, der üblicherweise dem Wohlfühl-und Schlabber-Look gehört, in einer bekannten Castingshow zu landen und diese dann auch noch zu gewinnen?
Die Antwort ist genauso logisch, wie einfach: Es ist völlig schnuppe. Denn egal wie viele, einzig das Ergebnis zählt. Natürlich auch Talent, Wille, die Idee hinter der Man(n) und Frau stehen, und vor allem die Liebe zur Musik. Mrs Greenbird mit Sängerin Sarah Nücken und Gitarrist Steffen Brückner besitzen all diese Eigenschaften und mit ihrer ganz eigenen Herangehensweise an die traditionellen Stile des Country, Folk und Blues befinden sie sich mittendrin im Stilmix und definieren ihren eigenen selbst als Singersongwritercountryfolkpop.
Ihr Debütalbum Mrs Greenbird landete dann nicht mehr ganz so zufällig gleich auf Platz Eins der deutschen Charts, ebenso wenig wie die mit einem LEA Award für die beste Clubtournee ausgezeichnete Livetour 2013.
Für ihr zweites Album Postcards zog es die beiden Kölner Musiker gleich nach Nashville, wo sie mit dem Produzenten Marshall Altmann und einer Reihe von „Leuten aus der oberen Regalreihe der Sessionmusiker“ im Kreis sitzend musizierten, fachsimpelten und neben all dem Spaß ein höchst professionelles und gelungenes Werk abgeliefert haben. Zwölf idealistische Songs der besten Sorte, in der Sarah jederzeit aus dem Stand zum Oktavensprung ansetzen kann und in denen sie sich die führende Stimme mal im Wechsel, mal im Harmoniegesang mit der erdigen Stimme von Steffen teilt.
Dark Horses startet den Reigen aus Bluegrass, ein bisschen Blues, Baladen und stampfende Uptempo Nummern, in denen neben den üblichen Instrumenten wie Gitarre, Bass und Schlagzeug, Banjo und Mandoline auch mal E-Gitarre und Akkordeon ihren Einsatz finden. Eine wunderschöne Ballade, die die Gefahr in sich birgt, daran hängen zu bleiben. Everyone´s the same und Shine shine shine verpacken den durchgehenden Tenor des Albums von Ermutigung und positivem Gedankengut, in dem sogar die morgendliche Tasse Kaffee in Insomniac seinen Platz hat.
Temperamentvolles, folk-rockiges Zwiegespräch in Planets und mit Fiddel bepackter, reinrassiger Country Song über ein Eichhörnchen in Good Ole Ricky. Dazwischen, das von Steffen gesungene Postcards in dem sich die Stimme von Sarah dezent im Hintergrund hält. Ein gelungener und sehr harmonischer Wechsel der ersten Stimme. Das Album endet, wie es begonnen hat. Take my Hand ist ein ganz im ruhigen Bluegrass angelegter Song, der das Album perfekt ausklingen lässt.
Zufälle würzen das Leben und dieser eine, an dem besagten Samstag, hat glücklicherweise gereicht, um eine Geschichte zu beginnen, die wahrscheinlich auch noch lange nicht zu Ende ist. Mir hat ebenfalls ein Zufall dieses Album zugespielt und vom ersten Ton an überzeugt.
Postcards ist ein Album zweier sympathischer junger Menschen, die sich selbstbewusst im Genre bewegen, ohne sich zu verbiegen. Authentisch, bezaubernd, leicht und mit Texten, die mal nicht ausschließlich von Herzschmerz und Trauer handeln. Und ja, neben all den Unkenrufen bzgl. der infantil anmutenden Texte über Eichhörnchen, Wale und einem Brontosaurus, ist es in Zeiten von Negativschlagzeilen und ansteigenden Depressionskrankheiten gerade diese Leichtigkeit, die berührt. Eingängige und gut gelaunte Melodien wie in Everyone´s the Same sorgen für den Rest und treffen durchaus auch mal eine philosophische Aussage. Subtiler Humor mit einer gesunden Portion Selbstironie. Denn was nach ungenügender Tiefe und fehlender Vielschichtigkeit aussehen mag, ist auf dem zweiten Blick ein sehr durchdachtes Konzept, in dem jeder Ton seinen Platz und Sinn hat. Und neben zwei wunderbar zueinander passende Stimmen, hinterlässt genau dieses Konzept bei mir ein durchweg zufriedenes Gefühl und angenehme Leichtigkeit. Ich liebe Zufälle!
Titelliste:
- Dark Horses
- Everyone´s the Same
- Shine, Shine, Shine
- Lucky One
- Insomniac
- Postcards
- Planets
- Mr. Werewolf
- Hole in Your Heart
- Good Ole Ricky
- Slow Me Down
- Take My Hand