Mit reichlich akustischen Blech ausgestattet haben sich MOOP MAMA 2013 mit einem neuem Album unter dem Namen „Das rote Album“ zurückgemeldet. Wer Folk im engeren Sinne sucht, wird auf diesem Album mitnichten fündig. Wer jedoch eine Affinität zu geistreicher, handgemachter Musik hat, der wird im roten Album einen wahren Hort an Vielfalt und Witz entdecken.
„Kilometerfresser“ eröffnet den 13-Titler mit einem dieselknurrenden Motorstarten, ehe sich die bisweilen etwas übergewichtig daherkommende Front-Sprech-Stimme auf die Reise mit den bis dato schweigenden Kollegen macht. So sinniert der Frontmann Strophe auf Strophe, getragen allein vom perkussiven Schmalspureinsatz, durch die Fahrtodyssee eines sich auf Reisen befindlichen Konglomerats – womöglich auf der Reise zur nächsten Mugge. Nach drei Minuten ist diese etwas ermüdende Fahrt dann an ihrem Ende und die Bläser eröffnen mit weichem Vibrieren, zu dem sich das Schlagzeug gesellt. „Stadt die immer schläft“, die melodiös in vollem Umfang einem Schlaflied gerecht wird, bewehklagt die Ereignislosigkeit, „das Land der begrenzten Unmöglichkeiten“ und das Leben in der Hauptstadt, einer „Stadt die immer schläft“?! Nuanciert werden Generalpausen gesetzt, die an ein kurzes Erwachen erinnert, ehe das Leid des unverbundenen Miteinanders, das sich qua digitaler Kommunikation etabliert hat und das Miteinander in ein Nebeneinander transformiert. Und anders als Peter Fox‘ „schwarz zu blau“ avanciert diese Tristesse nicht zu einer von vielen Lobgesängen um das dicke B, sondern verweilt beharrlich im Grau einer anonymisierten, halbkomatösen Welt.
Der dritte Titel, „Krankes Wesen“, eröffnet mit wuchtigem Tuba- und Posaunensound – ganz im Seeed-Sinne – die Trompeten bleiben beharrlich im akzentuierten Hintergrund und kehrreimend wird das „kranke Wesen“ besungen, das „zwar nicht schön ist“, aber dennoch „lebendig“. Im psychodelischen Zwischenspiel, das sein jähes Ende im markerschütternden Geschrei findet, erwächst eine sich überlagernde Frauenstimme, die neuerlich die prosodische Einheit herstellt. Wohldosiert bleibt der Bläsersatz im Hintergrund, wo es der Text notwendig macht, und bricht, sobald der Gesang schweigt, mit brachialer Wucht in das Ohr!
Bisweilen ein wenig plakativ, wenn bspw. vom „Boss-Arschloch“ und vom „täglich grüßenden Murmeltier“ berichtet wird, aber immer bewusst intentional hinterlässt das Textgeschehen einen schalen Beigeschmack und rekurriert auf eine Vielzahl bekannter Gehalte. MOOP MAMA legen ein nicht-leicht-verdauliches Album vor, das nicht anklagt, sondern konstatiert. Und da dem Urteil das Potential der Veränderung innewohnt, ist das „Rote Album“ viel mehr als Unterhaltung. Ob der Entwurf von diversen „Feindbildern“ ein dem Rapp innewohnendes Element ist, mag ich nicht einzuschätzenhttps://folknews.de/wp-admin/post-new.php. Abstrahiert man von diesen Plakativismen, so kann man in der klanglich-differenzierten Vielfalt ebenso viele semantische Gehalte entdecken, die zu hören nicht optional sondern vielmehr notwendig sind.
Titelliste
- Kilometerfresser
- Stadt die immer schläft
- Krankes Wesen
- Roboter
- L.B.
- Wo der Pfeffer wächst
- Latte Macchiato
- Wunderheiler
- Taler Unser
- Werbepause
- Party der Versager
- Elefant
- Liebe