Es gibt sie also doch, diese Fabelwesen, für die Waage ein Fremdwort ist, weil sie so leicht sind, dass sie schweben und so klein, dass man sie nicht wahrnimmt, wenn sie im Hintergrund klammheimlich die Fäden ziehen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sich drei Musiker aus drei unterschiedlichen Ländern in einem vierten zufällig über den Weg laufen und sich dabei so sympathisch sind, dass sie in Berlin gleich eine Band gründen. Ian Hooper (USA), Craig Saunders (England) und Claudio Conzelli (Italien) haben genau das getan.
Zum Glück, denn das Debütalbum Howl von Mighty Oaks beschert uns einen gelungenen und hörenswerten Mix aus Indie-Folk, Pop, Country Folk und Singer/Songwriter-Balladen über Liebe zur Natur und Freundschaft. Starke, nachdenkliche Lyrik, die viel Raum für Interpretationen lassen und durch die zurückhaltende Instrumentierung, dem dreistimmigen Satzgesang und der sanften rauchigen Stimme von Ian Hooper, den nötigen Hintergrund geben. Ergänzt wird das übliche Instrumentarium mit Tamburin, Mandoline und Banjo. Und gleich mit dem Einstiegslied Brother nistet sich dieser Mix ins Gehör und macht es sich dort bis an das Ende des Albums über Just One Day und Horse gemütlich.
Wunderschön die Balladen Shels und You Save My Soul
Capitain´s Hill und When I Dream, I See sind sicher die emotionalsten Lieder auf der CD, in denen Ian Hooper persönliche Erinnerungen und Verluste in ehrliche, sanfte Musik umsetzt, ohne Sentimentalität zu wecken.
Vielleicht ist es genau dieser Unterschied, der den immer wieder auftauchenden Vorwurf lediglich ein Abklatsch von Mumford & Sons oder der Lumineers zu sein, in ein anderes Licht taucht. Auch wenn es, zugegebener Maßen, tatsächlich Ähnlichkeiten geben mag. Ich empfinde es trotzdem als eigenen Stil, gesanglich und technisch auf hohem Niveau und es gelingt ihnen hervorragend, mit ihrer Musik die perfekten Bedingungen für ihre Songtexte und eine Umgebung friedvoller Freude zu schaffen.
Das Album bietet ehrliche, melodische und emotional angetriebene Songs die trotz der manchmal sehnsuchtsschweren Texte einfach gute Laune verbreitet. Ein Gefühl, welches die drei Musiker ohne Probleme mit Charme und Leichtigkeit auch auf die Bühne übertragen. Dort kann man dann das eine oder andere Lied aus ihrer ersten EP auch mal in einer Klavierversion genießen. Schade, dass diese gelungenen Interpretationen es nicht auf das Album geschafft haben. Aber wie praktisch, das die Band gerade auf Ihrer Golden Road Tour 2014 sind und im November und Dezember auch in Deutschland spielen.
Und wenn es überhaupt noch etwas zu beanstanden gibt, dann lediglich, dass eben genau diese Freude manchmal auch ein wenig Abwechslung oder vielleicht sogar mal eine Ecke oder Kante braucht.
Fazit: Wer braucht schon Feen? Mit dieser CD fühlt man sich auch ohne Flügel beschwingt und leicht wie eine Feder. Meine Waage kommt jetzt in den Müll und bei Bedarf lieber dieses Album in den Player. Wie einfach kann die Welt sein.
Titelliste
- Brother
- Seven Days
- Back To You
- Wenn I Dream, I See
- Just One Day
- Shells
- You Saved My Soul
- The Goalden Road
- Captain´s Hill
- Courtyard in Berlin
- Horse
- Hwol
Welch ein Lesegenuss – ich danke dir sehr! Schade, dass es wohl mit einem Konzertbesuch nicht klappen wird. Die Lust darauf hast du grandios erzeugt.