Das kurze Sommerintermezzo hat dem vertrauten kalten Wind und Nieselregen Platz gemacht, das Bürgerhaus Vegesack lockt mit dem spröden Charme einer Schulaula und wenn es nicht ein Konzert von Mrs Greenbird gewesen wäre, deren Album Postcards ich kürzlich mehr zufällig vorstellen durfte, hätte ich jedem anderen Ruf nachgegeben, nur nicht raus. Aber es war eben genau diese Band, die 2012 mit ihrem selbst geschriebenen Song Shooting Stars & Fairy Tales das Finale von X-Faktor gewann und seit dem mit ihrem ganz eigenen Stilmix des Singersongwritercountryfolkpop und mit ihrer Natürlichkeit, positivem Liedgut und erstklassiger Gesangsqualität auf Tour sind.
Vor dieser Zeit nannten sie sich scherzhaft Goldkehlchen und der Mann mit Hut, was zugegebenermaßen gut passte, als Bandname dann aber doch etwas zu schräg gewesen wäre. Als sie für das Vorprogramm von Hollywood-Schauspieler und Sänger Tim Roobins gebucht wurden, musste ein richtiger Name her. Das Schicksal schmiss sich ihnen direkt vor der Haustür in Form eines toten grünen Papageis vor die Füße. Und da man dem Schicksal besser nicht widerspricht, war der Name Mrs. Greenbird geboren.
Ihr erster Besuch in Bremen auf der Breminale 2013 fand noch im Zelt statt. Das hat sich glücklicherweise geändert. Blumengirlanden um die Mikrofone, Gartenstühle und der obligatorisch grüne Papagei auf der Bühne sorgen für das passende Frühlingsgefühl. Wer das Duo kennt, weiß, dass all diese Dinge jedoch auch zu ihrem Auftritt gehören.
Entspannte Atmosphäre auch vor dem Auftritt. Das altersmäßig eher von Anfang 20 bis zur rüstigen Rentnerin liegende Publikum zeichnete sich anfangs durch norddeutsche Zurückhaltung aus. Kein Gedränge, kein Geschiebe, kein Stress und anders als z.b. beim Rock am Deich keine Bierbäuche, kariere Hemden, Vollbärte oder Kutten. Dafür noch das Glas Wein während auf der Bühne Lisa Marie Fischer als Vorsängerin zu Mrs Greenbird vorab Auszüge aus ihren bereits vier veröffentlichen Alben vorstellte. Die aus Marburg stammende 24-jährige hat sich bereits mit 16 dem Countryfolk Genre verschreiben und schreibt und komponiert seit 2010 ihre eigene Songs.
Als dann um 20 Uhr ein Mann die Bühne betritt, sich nach einem warmen Begrüßungsapplaus entspannt mit der Gitarre vom Publikum abwendet und munter vor sich her pickt, überträgt sich angenehme Erwartungshaltung, die Sarah Nücken und Steffen Brückner dann auch ziemlich schnell bedienen. Der Einstieg mit der wunderschöne Ballade Dark Horses ist gut gewählt und überzeugt sofort mit einer angenehme Lautstärke, exzellentem Sound der Gitarre und klar ausgesteuerten Mikrofone, die den Stimmen und dem Gesang den nötigen Raum geben sich zu entfalten. Spätestens nach der darauf folgenden eingängigen Melodie von Everyone´s The Same ist das Wetter vor den Türen vergessen. Entspannte Gesichter und hier und da sogar erste Aufhebung der norddeutschen Zurückhaltung, die dann aber erst im letzten Drittel mit Shooting Stars & Fary Tales endgültig aufgegeben wurde und man ab diesem Zeitpunkt durchweg von mitsingenden und tanzenden Menschen umgeben war. Und ab hier gab es dann auch etwas mehr von den humorvollen Anekdoten und spaßigen Ansagen, die die sonstige Moderation von Steffen auszeichnen.
Unterstützt wurde Mrs Greenbird von erstklassigen Musikern. Am Schlagzeug sorgte Jens Dreesen für den perfekten Rhythmus, Christoph Herder begleitet das Duo an den unterschiedlichsten Bassinstrumenten und Alex Schroer als mitgehendes Multitalent am Banjo, Mandoline und unzähligen Gitarren. Eine kleine Nebenrolle hat der nette Herr, der Steffen immer wieder eine andere Gitarre reichte. Insgesamt spielten Sarah und Steffen entweder als Duo oder mit der Band einen großen Teil des aktuellen Albums und einige bekannte Songs aus ihrem Debütalbum. Als erste Zugabe überzeugte die Hommage an die morgendliche Tasse Kaffee Insomniac mit einer ausdruckstarken und authentischen Umsetzung, die auch einem Nichtkaffeetrinker seine Einstellung überdenken lassen könnte. Nach ca. 90 Minuten und zwei weiteren Zugaben endet das Konzert mit Take My Hand wie es begonnen hat: Sanft und Gefühlvoll.
Für alle ausdauernden Fans gab es nach einer Pause noch Zeit für Autogramme und die Möglichkeit eine gekaufte oder mitgebrachte CD signieren zu lassen. Schade nur, dass während der Autogrammstunde bereits nach kürzesten Zeit die wenigen Exemplare des aktuellen Albums vergriffen und auch keine weiteren CDs vorrätig waren. Und auch sonst muss sich die Veranstaltungsargentur leider den kleinen Tipp gefallen lassen, für das nächste Mal vielleicht ein etwas größeres Hinweisschild für die Autogrammstunde und einen etwas charmanteren Merchandisestand aufzubauen.
Ich habe es nicht bereut mich aufgemacht zu haben und bin mit einem sehr guten und abwechslungsreichen Konzert, mit erstklassigen Musikern und einen ebensolchen Sound belohnt worden.
Ich bin nicht wirklich ein Fan der o.a. Band, dennoch habe ich mir durchaus das erste Album selbiger angehört, das zweite nicht mehr und auch muß ich gestehen, das ich auch nicht zu einem ihrer Konzerte gehen werde, da noch lese ich immer wieder gern Ihre ausführlichen, objektiven und erquickenden Kritiken und Rezensionen.
Immer wieder eine Freude, liebe Frau Herbst 😉
Tolle, ausführliche Rezension! Ich werde mal schauen, wohin der Tour-Kalender Mrs. Greenbird demnächst führt. LG