Chapeau sind eine Band… der etwas anderen Art.
Sie machen nicht nur Musik… sondern versuchen auch noch mit „Antipädagogische Hinweise“ ihr Publikum bei Laune zu halten. Bei ihren Konzerten wird daher auch viel geredet und so manches Schmankerl erzählt.
Die Personen hinter Chapeau sind Gründer und Ideengeber Max Heckel (Gesang / Erzählung / Gitarre / Violine), Aron Thalis (Schlagzeug / Faxenmacher) und Tabi Harzer (Gesang / Piano / Querflöte). Ab und zu ist auch Marcel Storjohann (Kontrabass, E-Bass) bei den Konzerten live dabei.
Im Mai 2015 erschient ihr Debüt Album „Claque [klak]“. Die Texte da drauf sind vielen Menschen – vor allem älteren – bekannt, stammen sie doch von Wilhelm Busch. Elf Titeln hat die Band von den Werken Wilhelm Buschs vertont.
Wir haben hier bei Folk News bereits mehrfach über diese interessante Band berichtet. Für die Vorstellung des Kalenderblattes „September“ haben wir daher extra ein „dreckiges Dutzend Fragen“ zusammengestellt und Max Heckel gebeten, uns diese – nach eingehender Beratung mit den anderen Bandmitglieder – zu beantworten.
1) Kann man bei euren Konzerten als Chapeau(-Band) noch von Konzerten sprechen oder sind sie dann doch mehr literarische Abende mit musikalischer Begleitung?
Der Fokus liegt auch weiterhin bei der Musik. Dass ich nebenbei noch aus meinem Buch lese, ist ein – hoffentlich – wohldosiertes Zerstreuungselement, das mit den Druck nimmt, gediegen zu moderieren.
2) Wieso kommt man dazu Wilhelm Busch zu vertonen? Und warum?
Ich habe bereits mit Nobody Knows unterschiedliche Lyrikprojekte ins Leben gerufen: (m)ein Best-of deutscher Lyriker und 2015 ein Kurt-Tucholsky-Programm. Wilhelm Busch jedoch erscheint mir die beste Mischung aus Unterhaltung und subtiler Kritik. Ich bin ein großer Freund des Verfahrens, allgemeine Defizite in eigene zu verpacken und sie entsprechend darzubieten. So besteht für das Publikum immer die Möglichkeit, den inhaltlichen „Zeigefinger“ zu überhören und sich einfach gut unterhalten zu lassen, aber auch sich zur Kritik zu positionieren.
3) Mit so altbackenen Texten lockt man doch keine Jugend mehr hinterm Handy hervor.
Oder anders gefragt: Spielt ihr jetzt nur in Altenheime?
Unsere vornehmlichen Spielorte sind Bibliotheken und Einrichtungen, die sich der Kultur verschrieben haben. Dass man mit Lyrik kein Hipster-Programm auf den Plan rufen kann, war uns bereits vor dem Projekt klar. Insgesamt bin ich mit dem Altersdurchschnitt unseres Publikums sehr zufrieden. Natürlich ist der dominierende Anteil der des gestandenen Klientel, gleichwohl sich in diesem Kontext auch immer Mitgezogene bei den Konzerten befinden.
4) Das was ihr macht, sind ja sowas wie Moritaten. Eine Art Bänkelgesang mit einfachen Melodien – bei euch eben mit Texten vom Wilhelm Busch, der ja auch mitunter Schauriges erzählte und oft auch mit einem moralischen Hintergrund. Moritaten waren ja so im 17. Jahrhundert & später sehr beliebt. Wenn ihr euch die entsprechende Kleidung besorgt könntet ihr doch gut auf den immer beliebteren Mittelalter-Märken auftreten und das große Geld verdienen.
Ob wir großes Geld verdienen könnten, weiß ich nicht. Was ich weiß ist, dass ich zum Gestalten meines Lebensunterhalts nicht in Maskeraden verfallen möchte, um gefällig zu sein. Entweder es findet sich eine Zielgruppe für das, was ich/wir mag/mögen oder eben nicht. Eine „Show“ einzig im Hinblick auf ein großes/zahlfreudiges Publikum zu gestalten, verbietet sich für mich schon allein aus Sicht künstlerischer Integrität.
5) Seit ihr denn mit dem Bisher-Erreichten zufrieden?
Durchaus. Wir haben bisher drei Programme gestaltet – eines mit Busch, eigenen Liedern und dem Struwwelpeter, eines nur mit Busch und derzeit spielen wir ein Volksliedprogramm, das um eigene Stücke angereichert ist. Das Debüt-Programm mag hier und da nicht dem entsprochen haben, was ich mir heute von einem gelungenen Abend vorstelle. Dennoch sind die anderen beiden Programme kreative Produkte hinter denen wir voll und ganz stehen können – und das sich, um dem zuvor genannten Diktum der Verkaufbarkeit inhaltlich gerecht zu werden, nicht als Nullnummer erwiesen hat.
6) Eure Konzerte erzeugen eher eine gewisse Stille und dazu auch eher ein stilles Lächeln als ausgelassenen Emotionen und Getanze. Wird das nicht irgendwann langweilig und würde das andere nicht mehr dem Künstler in euch drin zusagen?
Ich kann – und ich denke, da spreche ich auch im Namen der Kollegen – nicht sagen, was der Künstler in mir drin ist. Ich mag es, auf großen Festivals zu stehen, die Leute tanzen, schwitzen und singen zu sehen. Ich finde es ebenso wundervoll, wenn man vor kleinem Kreis in absoluter Stille spielt. Langeweile kommt für mich allein da auf, wo Stillstand das kreative Miteinander bestimmt. Da dem bei uns nicht so ist, kann ich nichts von Langeweile ausmachen. Der Tag, an dem ich selbst feststelle, dass ich Künstlertyp A oder B sein möchte, mit oder ohne Maskerade, diesem oder jenen Stil, wäre mein kreativer Tiefpunkt.
7) Macht es nicht mehr Spaß eigene Texte zu kreieren als die von toten Dichter zu singen? Hat Chapeau nichts Eigenes zu sagen und zu besingen?
Das machen wir ja auch. Zudem kann ich nichts Unkreatives darin entdecken, sich der Worte derer zu gebrauchen, die es nuancierter auf den Punkt bringen als ich. Zudem wirbt es sich mit einem Wilhelm-Busch-Programm erheblich leichter als mit einem Heckel-Harzer-Thalis-Programm. Wir haben in diesem Sinne also jede Menge Eigenes zu sagen, weil jede Interpretation die konkrete Umsetzung eines eigenen Anspruchs am Ursprung ist. Da ich zudem reichlich eigene Songs habe, die sowohl bei Chapeau als auch bei Nobody Knows gespielt werden, finde ich auch hier, dass das Maß der Mittel zur Vermeidung von Ideenlosigkeit ist: Sich den Notwendigkeiten einer Interpretation zu beugen erfordert nicht selten viel mehr Hingabe als im eigenen Saft zu dümpeln.
8) Bereist ihr eigentlich ganz Deutschland? Und gibt es denn dann unterschiedliche Reaktionen im Publikum – je nach dem im welchem Bundesland ihr seid? Also nimmt der Bayer es anders auf als der Norddeutsche oder der Rheinländer?
Veranstalter beschwören bisweilen unterschiedliche Mentalitäten vor den Auftritten, um etwaige Reaktionen des Publikums vorab erklärbar zu machen. Ich kann davon nichts ausmachen. Mir scheint gar, dass – unabhängig vom Bundesland – alle Menschen gern lachen und miteinander Freude haben. Trifft man dann noch auf ein kulturinteressiertes Klientel, so ist auch der Wille zum Verständnis des kritischen O-Tons vorhanden.
9) Wann, wo und wie hört man eigentlich so eine CD wie „Claque [klak]“? Habt ihr dafür die ultimative Empfehlung?
Nein, haben wir nicht.
10) Bemerkenswert finden wir ja den schönen und klaren Gesang von Tabiha. Wieso darf sie nur die „Zweitstimme“ sein? Wie wäre es, wenn sie stärker in den Vordergrund treten würde? Wäre das denn mit dem „Chapeau-Konzept“ vereinbar?
Im zweiten und dritten Programm von Chapeau sind die Singanteile zwischen Tabi und mir recht ausgewogen. Da es kein stringentes Konzept für Chapeau gibt, kann es also auch keine Unvereinbarkeiten in diesem Sinne geben.
11) Würdet ihr lieber Bibi Blocksberg vertonen als Charles Buckowski? Oder wie wäre es gar mit Märchen – sagen wir mal von Wilhem Hauff?
Bibi wäre nicht mein Favorit. Welche Programme wir zukünftig gestalten werden, kann ich derzeit noch nicht sagen. Vielleicht wird es ein zweites Busch-Programm? Vielleicht eines mit Märchen? Ich weiß es nicht und möchte mich diesbezüglich auch nicht festlegen, denn ich kann schwerlich sagen, was mir in einem Jahr gefallen wird.
12) Wie geht es weiter? Was kommt als nächstes? Bleibt ihr bei dem bisherigen Konzertkonzept und welchen toten Dichter werdet ihr als nächstes vertonen?
Derzeit arbeiten wir noch am und mit dem Volksliedprogramm „Volkslieder und andere, die es nicht sind“. Das sind u.a. Volkslieder, vornehmlich jedoch Titel, mit denen ich zuhause groß geworden bin. Zudem gibt es auch eigene Texte von mir. Wohin diese Reise längerfristig gehen wird? Wir wissen es nicht. Und das ist auch gut so.
„Volkslieder und andere, die es nicht sind“. Oha, das klingt interessant… allerdings haben wir nun das „dreckige Dutzend Fragen“ voll und machen somit hier Schluß.
Wir bedanken uns recht herzlich… und heben uns das mit den Volkslieder für ein anders Mal auf. Heho