Im Topf der nach Irish Folk klingenden Suppe tummeln sich so manche Zutaten mit traditioneller, ungewöhnlicher oder spannender Würzung. Im bestenfalls eine Mischung aus allem. Und ja, es gibt eine Reihe von Bands, die gerne auf den an Popularität zunehmenden Folkzug aufspringen. Mit mehr oder weniger Erfolg – mit mehr oder weniger Ideen, oder schlichtweg mit mehr oder weniger Mut für Innovationen und tatsächlich Neuem.
Doch ab und zu schwappt in dieser Suppe tatsächlich ein anderer Geruch. Einer, der es Wert ist noch einmal nachzuschnuppern, oder um es musikalisch zu benennen – hinzuhören
Die Norddeutsche Band Baltic Sea Child klingt erfrischend anders und versucht nicht den Anspruch zu erheben „irischer als die Iren“ zu sein. Obwohl ihre Musik, gerade durch die Instrumentenwahl, u.a. auch die typische Folk-Klischees bedient, kommt sie doch einen Tick moderner daher. Nein, das liegt nicht nur an der gern genutzten Feuerglocke, die eine besonderen Pfiff in die Arrangements bringt. Denn wenn man genauer hinhört, erschließt sich dem Hörer auch die vermeintliche Bekanntheit der Gesangsstimme. Verbirgt sich dahinter doch kein Geringerer als ex- Fury In The Slaughterhouse Sänger Kai Wingenfelder.
Zusammen mit seinem Freund Lars Jensen sollte der Ausflug in die irische Musik eigentlich mehr ein kleiner Spaß bleiben. Aber wie so oft kommt es im Leben anders als man denkt. Am Ende fand man sich nach ein paar Proben mit den befreundeten Musikern von Tears for Bears 2014 auf Dorfkrug-Tour quer durch die heimatlichen Dörfer im Kreis Rendsburg-Eckernförde.
Geerdet also nicht nur der Bandname als Hommage an die norddeutsche Heimat, sondern auch die Idee Musik dort zu spielen, wo sie sein darf, was sie ist. Einfach nur Musik als Lebensgefühl, ohne aufwendige Lasershow, Pyrotechnik und Massenhysterie. Die geballte Erfahrung aus unzähligen Konzerten mit Fury in the Slaughterhouse, mit Tears for Bears, auf Tour mit den Pouges oder mit Baltic Sea Child in Wacken Open Air, führt schnell zum Erfolg.
Geerdet auch der entspannte Umgang damit. Es wird nach einem professionellen Video gefragt. Entstanden ist ein doch eher ungewöhnliches Video mit elastischer Selbstironie, betitelt als „Die Suche nach dem heiligen Käse“ (Fool in the rain) und mit singenden Ratten im heimischen Puppentheater.
Und wie klingen BalticSeaChild nun? Ja, sie klingen nach Irish Folk, durch die sehr prägende Stimme Wingenfelder und wahrscheinlich auch durch die Art wie er Lieder schreibt, muss man manchmal an Fury In The Slaughterhouse denken. Denoch: Die Truppe u.a. mit Gesche Clasen an der Fiddle, Lars Jensen am Banjo, Gitarre und Gesang lassen einen mit ihrer Musik nicht ruhig sitzen und bringen neben dem klassischen Irish Stew auch einen Hauch Haute Cousine auf den Speiseplan, der neben rasanten Baltic Power Folk auch Balladen und ungewöhnliche Coverversionen zu bieten hat. Und dazwischen? Nichts – Einfach nur genießen und auf den Nachtisch warten. Dieser lässt leider ein wenig auf sich warten, denn die angekündigte Planung eines zweiten Albums wird aktuell zu Gunsten der 30-jährigen Jubiläumstour von Fury in the Slaughterhouse verschoben. Und auch Live-Auftritte sind aus gleichem Grund im Jahre 2017 vorerst nicht in voller Besetzung geplant. Bis dahin genießt man das Debütalbum Baltic Sea Child
Aber was sich rar macht, wird am Ende sicher mit vollem Genuss erneut konsumiert. In diesem Sinne: guten Appetit !
Fotos zu einem Konzert in der Music hall Worpswede 2016 gibt es hier