2015 haben Jütz ein namenloses Debüt von außerordentlicher Intensität veröffentlicht. Die Eindringlichkeit ihrer alpinen Musik war derart bannend und einzigartig, dass „hin & über“ der nicht unbegründeten Gefahr ausgesetzt ist, nicht anknüpfen zu können. Nach einem grandiosen Debüt sind die Erwartungen zumeist derart hoch, dass man dem nachkommenden Album keine realistischen Chancen einräumt. So zumindest bei mir.
Vom ersten Titel beweisen Jütz, dass sie nahtlos anzuknüpfen imstande sind – und legen mehr als nur eine sprichwörtliche „Schippe“ obendrauf. Luegid vo Bärg und Tal eröffnet mit weichen Hornklang im Hall der Ferne. Der in entzückendem Dialekt vorgetragene Gesang Isa Kurz‘ wird getragen vom Kontrabass und dem Pizzicato ihrer Violine. Letzter – zumeist eher als „harte“ in der Peripherie der Musik diffundierende Spielart eingesetzt – überrascht par excellence. Auch Das kennst du wohl lebt von der harmonischen Kombination eher untypischer Spielarten. Das Staccato des Akkordeons, gepaart mit hochdeutschen sowie mehrstimmigen Gesang, wird umspielt vom weichen Klang der Vibrato-getragenen Klänge des Kontrabasses.
Der Postfeldwalzer überrascht in seiner nahezu folkloristischen Darbietung mit einer anfangs irritierenden Rhythmik. Im Unisono der Instrumente – Akkordeon, Bass, Trompete – galoppiert die Melodie durch alle Befremdungen, um sich hernach als vollkommen plausibel zu offenbaren. Bei diesem Titel kommen zudem zum ersten Mal – neuerlich in Mundart – die Stimmen der zwei Herren des Trios zum Tragen.
„hin & über“ ist ein Kleinod kreativer Grenzenlosigkeit. Freunde techno-artiger Eintönigkeit werden definitiv überfordert sein – allen anderen sei dieses Album mit seinem schier unerschöpflichen Fundus überbordender Virtuosität (und gleichzeitiger Eingängigkeit) wärmsten empfohlen. Jütz, ein grandioses Meisterwerk, das sein Debüt um Welten übertrifft.
Titelliste
- Luegid vo Bärg und Tal
- Das kennst du wohl
- Postfeldwalzer
- Judenburger Siebenschritt
- Tunnelen
- A Blüamal und a Herz
- Häxensabbat im Pfaffeloch
- Mantua
- Bergaufpolka
- Der Schweinsbeuschler
- Schleuniger Tempo Dampfl
- Pleitemarsch
- Aus der Jugendzeit
- Rauscheggischer
- Wengernalp
- Weil’s nascha Zeit is
Angesichts einer solchen Rezension bin ich gar nicht in der Lage, mich gegen ein Drauf-Einlassen zu wehren. Alpine Folklore in entstaubter Manier – klasse!