Mit zwei mit Anerkennung überschütteten Folk-Alben hat JOHNNY LOGAN sich nicht nur die Bretter der Welt erobert, sondern vielmehr eine Hommage künstlerischen Rückbesinnens seines musikalischen Werdegangs geschaffen. Auf beiden Alben konnte vermochte es LOGAN nicht, die artige Kultur eines Studioalbums abzulegen – und legt nun mit der Live-DVD die Überwindung ebd. Defizits vor.
Mit seinen sieben Musikern, die er selbst als „my friends“ vorstellt, schafft er es, das Zahnpasta-Lächeln der auf Youtube kursierenden Medleys abzulegen und ein authentisches Konzert-Feeling zu vermitteln, das eingangs durch die behagliche Intimität einer kleinen Bühne angenehm überrascht, indes die Bühnenrückwand in den irisch Nationalfarben beinahe monströs beflaggt ist. Das ruhige Intro, das dem Frontmann die Möglichkeit eröffnet, moderativ tätig zu werden, mündet in die erste ruhige Strophe von Whiskey In The Yar, der sich ein Break und die Aufforderung zum Mitklatschen anschließt. Mit dem zweiten Refrain hebt der Bass zu walken an und geht selbst am heimischen Fernseher in die Beine. Dass popeske Terzen immer helfen, wird durch den sauberen Chorus des Sextetts um LOGAN bezeugt. Im Solo des Geigers scheint schnitttechnisch ordentlich etwas danebengegangen zu sein, denn bedauerlicherweise stimmen Bogenbewegung und linke Hand nicht mit dem Gehörten überein. Ein ähnlicher Fauxpas ist bspw. auch auf dem Live-Album Loreena McKennitts zu bewundern!
Mit Molly Malone wechselt nicht nur die Instrumentation (der Saxophonist zu Gitarre und Whistle, der Pianist zum Akkordeon), sondern auch der drängende Sound, der dem seichten Schunkel-Muss seinen Tribut zollt. Das schunkelnde Sitzauditorium macht die Not zur Tugend und ergibt sich dem rhythmischen Hin und Her. In ähnlich gearteten Gestaden kursieren auch The Black Velvet Band und On Raglan Road – sehr anhörliche Hymnen, bei dem das Publikum je nach Bedarf gesangskräftig mitwirkt. The Fields Of Athenry wirkt der Entschleunigung entgegen und stimmt wieder kräftigere Töne an, ehe es mit Raggle Taggle Gypsy endlich wieder gen Tanzfolk geht.
Wie beim Intro überzeugen die wuchtigen Toms des Schlagzeugs, während sich die restliche Band in vornehmer Zurückhaltung übt und LOGAN seine Strophen über dieses Klangkonglomerat ergießt. Nach einer gefühlten Unendlichkeit an Strophen bricht dann endlich die Band, getragen vom warmen Orgelsound, mit Snare-Beats und Geigensolo aus, um kurz darauf wieder das explosive Piano der Strophen zu kultivieren. Diesem folgt ein E-Gitarren-Solo, bei der die Kamera gern auch den Solisten und nicht LOGAN hätte einfangen dürfen. Abschließend explodiert der Gesamtklang in einem beinahe bluesähnlichen, vom Saxophonsolo dominierten Abschlussinstrumental.
Mit The Band Played Watzing Matilda lassen die irischen Freunde die vorherige Kraft wieder abklingen und ergeben sich der melancholischen Hymne. Dirty Old Town wartet neuerlich mit Schnittfehlern bei dem Geigensolo auf, indes sich das Publikum mit LOGAN durch die Strophen schunkelt. Tim Finnegang’s Wake überzeugt nicht nur durch seine rhythmisches Voran, sondern vor allem von der überzeugenden Spontaneität, der erfrischenden Moderation, die maßgeblich von den musikalischen Unartigkeiten von Logans Mitmusiker, die vielerorts in den Pausen eigene Akzente setzen, die die Frontstimme mit bisweilen ironisch strafenden Blicken, bisweilen mit lehrerhaften Einschüben zur Kenntnis nimmt, getragen wird. Spätestens bei The Irish Rover dürfte dem tanzenden und schwitzenden LOGAN die Ausstattung der gewählten Location auf den stimmungstechnischen Zeiger gehen, weil ein eng bestuhltes Sitzkonzert eben doch nicht auf explosive Tanzwut ausgerichtet ist.
Hier und da könnte ein wenig weniger Pathos dem musikalischen Geschehen nicht abträglich sein. Dennoch überwinden die Freunde um LOGAN die Defizite der Vorgängeralben und schaffen es, Spielfreude, Miteinander und Authentizität auf die Bühne zu bringen, das Publikum (im Rahmen der Möglichkeiten) mitzureißen und zeugen mit dieser anderthalb Stunden langen DVD von der Vielfalt und Beständigkeit irischer Musikkultur.
Titelliste
- Whiskey In The Yar
- Molly Malone
- The Black Velvet Band
- On Raglan Road
- The Fields Of Athenry
- Raggle Taggle Gypsy
- The Band Played Watzing Matilda
- Dirty Old Town
- Tim Finnegan’s Wake
- The Irish Rover
- Follow Me Up To Carlow
- Spancil Hill
- The Wild Rover
- Save This Christman For Me (Bonus Track)
- The Gathering
- Molly Malone (Videoclip)
- Spancil Hill (Videoclip)