Fest getretene Pfade oder starre Vorgaben einer Stilrichtung sind nichts für die Musiker der Thüringer Band JANNA, deren Vielseitigkeit sich nicht nur in den drei unterschiedlichen Programmen ihrer Bühnenshow, sondern auch in der Anzahl der Musiker widerspiegelt. In voller Besetzung werden Hanna Flock (Gesang, Flöte, Piano) und Joachim Rosenbrück (Violine, Gitarre, Mandoline) durch Daniel Trommer, ( E-Gitarre und Bass), Mario Hildebrandt (Schlagzeug und Percussion) und Stefan Heinze (Piano, Orgel) ergänzt.
Für das Einspielen ihres dritten Albums Proud & Humble zog es die Band dann auch mit der kompletten Mannschaft ins Studio. Herausgekommen ist dabei eine bunte Songpalette aus eigenen Liedern, wunderbar arrangierten Interpretationen von Pop- und Folksongs und ausgewählten internationalen Singer/Songwriter Perlen mit einem unverwechselbaren Sound. Sie selber bezeichnen ihren Mix aus Soul, Jazz, Acoustic Pop und Irish Folk als Acustic SoulFolk. Ein Mix, der sich nicht nur der klassischen Akustik-Gitarre, Cajon und irischer Flöte bedient, sondern ebenso Schlagzeug, E-Gitarre, Klavier und Orgel mit ins Boot holt.
Dass sie sich mit diesem Album nicht in eine Schublade legen lassen wollen, wird schnell klar, denn unerwartet klingt zu Beginn mit Toni´s Diner ein bekannter Ohrwurm von Susann Vega, den man durchaus noch als aktuell bezeichnen kann. Außer den Eigenproduktionen greifen alle anderen Songs dagegen auf Kleinode vergangener Zeiten zurück. Bob Dylan, Paul M.Cartney und Neil Young grüßen mit ihren Songs Like A Rolling Stone, Old Man und For No One.
Das älteste Lied dürfte aber Old Skibbereen sein. Ein irischer Folksong grob aus dem Jahre 1848, den neben den Dubliners auch viele andere irische Größen arrangiert haben. Ein Dialog zwischen Vater und Sohn über den Verlust der Heimat,den JANNA eindringlich, warm und mit geringer Instrumentierung umsetzt. Ein gelungener Spagat zwischen Thematik und Sentimentalität.
Neben dem einzigen Instrumentaltitel Second World und der Ballade October Rain bringt Like A Rolling Stone rockige Elemente aus dem vielfältigen Repertoire der Band.
Mit einem entschuldigenden Lächeln in Richtung Karan Casey und James Talyor geht mein Favorit allerdings eindeutig an die Interpretation des traditionellem The Kings´s Shilling, die, im Gegensatz zum Original, am Ende durch den Einsatz der Trommeln, die Rekruten ins Ungewisse schickt und somit dem Lied einen besonderen und vervollständigenden Abschluss gibt.
Allerdings dicht gefolgt von Before I Go, dessen Textpassage „I will try, I will stumble. But I will fly, he told me so. Proud and high or low and huble. Many miles bevor I go“ nicht nur zum Albumtitel geführt hat, sondern dessen musikalische Umsetzung eine Lebensweisheit in eine besondere und motivierende Leichtigkeit verpackt.
Fazit: Nicht immer verderben viele Köche den Brei, denn das Einbringen unterschiedlicher Elemente und Stilrichtungen ( Joachim R. kommt aus dem Folk, Hanna F. u.a. vom Gospel und Daniel T. mehr vom Jazz) und die warme, volltönende und variable Stimme von Hanna schaffen einen einzigartigen Mix mit einer ganz besondere Atmosphäre. Egal auf welchem Terrain sich die Band bewegt, nichts klingt fehl am Patz und neben einem erstklassigen Zusammenspiel von Gesang und Musikern sorgen Stimmungsbilder an der Gitarre und das harmonisch und dezent im Hintergrund gehaltenem Spiel aller Instrumente nicht nur für den perfekten Raum für Hannas wunderbare Stimme, sondern auch für einen musikalischen Genuss in beindruckender Qualität. Und ganz beiläufig empfinde ich es als sehr erfreulich nicht nur Texten über Liebe und Herzschmerz zu lauschen, sondern durchaus andere Blickwinkel und Lebenserfahrungen ein Ohr zu leihen zu dürfen. Und auch wenn ich mir noch den einen oder anderen traditionellen Folksong mehr gewünscht hätte, fühle ich mich am Ende des Albums warm und wohlig eingepackt, mit der Welt zufrieden und freu mich auf die nächste Produktion. Zu dieser Jahreszeit dann vielleicht ein Weihnachtsalbum. Aber egal was, in jedem Fall bitte bitte mehr davon.
Titeliste
- Tom´s Diner
- Ain´t no Grave
- Cotton Needs a Picking
- Beforr I Go
- Second World
- Old Man
- King´s Shilling
- Old Skibbereen
- With You
- A Little Love Song
- Run On
- Oktober Rain
- Like A Rolling Stone
- For No One
Danke für diese inspirierende Rezension. Man bekommt Lust sich mit der Band näher zu befassen. In der Zwischenzeit könnte auch Karan Casey wieder aus dem Köfferchen gekramt werden.
Das freut uns sehr Kathja. Vielen Dank für deine Rückmeldung. Möchtest du gerne etwas über Karan Casey lesen? Wir freuen uns auch sehr über Hinweise und Wünsche. Immer her damit 🙂
LG
Cera
Ich habe sie mal vor einigen Jahren in der Mönchskirche Salzwedel erlebt. Sie hat mich sehr berührt und ich habe das Lied „Quiet of the Night“ übersetzt/nachgedichtet. Dann ist sie für mich etwas in Vergessenheit geraten, dank euch habe ich die CDs wieder vorgeholt. Über die Sängerin weiß ich nicht viel, daher wäre ein Beitrag schön, eventuell auch über Robbie Overerson. LG Kathja
Wo wir gerade bei „Wünsch dir was“ sind…
…Ich habe noch ein Schätzchen im CD-Regal. Es ist eine CD der russischen Folkband „Седмая Вода“. Es ist keine echte CD, ich hatte sie als geliehene Kassette, weil ich sie so gut fand, habe ich sie mir beim OKS auf CD brennen lassen, zum Glück, denn die Kassette wurde samt dem Auto verschrottet. Habe selbst schon recherchiert, mit mäßigem Erfolg. Vielleicht wisst ihr als Szene-Kenner mehr… ^^
Die Band hat 3 Alben (1994/1995/2000) veröffentlicht, allerdings nur als MP3. Dabei vertonen Sie u.a. Texte bekannter russischer Dichter. Die Sängerinnen sind Marina Sokolova und Mitja Kuznetsov. Vielleicht hilft das bei deinen Recherchen.
LG
Cera
Danke, werde mal schauen…
So, Hausaufgaben gemacht und „Proud and Humble“ gehört. Oft wird von Klangteppichen gesprochen, das hier ist eine warme Klangdecke in die man sich nach einem Herbstspaziergang hüllen kann.
Hui, prima!! Das ist genau das, was ich mit „warm und wohlig eingehüllt.“ meine. Schön, dass du meine Meinung teist 🙂
apropo „…dann vielleicht ein Weihnachtsalbum“
An alle JANNA-Fans und auch baldige Liebhaber unserer Musik:
Es freut uns sehr, die neue CD „MIDWINTER“ ankündigen zu dürfen. Um auf die Nachfragen nach einer CD zum Konzertprogramm „Irische Weihnacht“ zu reagieren, haben wir uns mit Lebkuchen im Studio eingeschlossen und zahlreiche Gastmusiker eingeladen, es uns gleich zu tun. Entstanden ist eine Zusammenstellung der weihnachtlich-winterlichen Songs aus unserem Konzertprogramm „Irische Weihnacht“ – mal winterlich karg, mal traditionell instrumentiert, aber auch frisch groovig im Americana-Stil oder als Weihnachtsgospel.
Hanna Flock (Gesang, Klavier, Flöte, Perkussion)
Joachim Rosenbrück (Gitarre, Geige, Waldzither, Mandoline)
Daniel Trommer (E-Gitarre, Bass)
Bernhard Hopf (Drehleier)
Mario Hildebrandt (Schlagzeug)
Dietmar Hopf (Dudelsack)
Jörg Kandl (Saxofone, Klavier)
Sebastian Fritzlar (Produktion, Mastering)
„… schon beim ersten Song horchte ich auf. Von Song zu Song steigerte sich meine Begeisterung. So hatte ich dieses Material noch nicht gehört. Das groovt, rockt und jazzt, dass es eine Freude ist. Die fantastische Stimme von Hanna Flock bietet bei allen Songs den internationalen Größen Paroli – selbst der großen ODETTA kann sie bei „Mary had a baby“ mühelos das Wasser reichen. Erwähnenswert sind auch die Passagen in deutscher Sprache, die bei vielen Titeln dem bekannten englischen Text folgen. Chapeau! Da ist Euch ein „großartiger Wurf“ gelungen.
(Klaus Sahm, OldSongsNewSongs)
Wir würden uns auch sehr über eine Rezension bei FolkNews freuen!
Aber jetzt soll es erst mal Sommer werden 😉
Hallo Joachim,
das sind ja sehr gute Nachrichten 🙂 Und eine Rezension natürlich auch sehr gerne. Bitte lass uns ein Album zukommen.
Liebe Grüße
Cera