Unzweifelhaft genießt der Deutsche Rock & Pop Preis bisher ein für Contests überdurchschnittlich hohes Ansehen. Der fortwährende Erfolg der Veranstaltung und das Interesse insbesondere auf Seiten der Musiker und Medien trägt hierzu wesentlich bei. Kein Wunder also, dass am 13. Dezember 2014 in Siegen erneut in über 100 Kategorien die begehrte Trophäe verliehen wurde.
Ein Gewinner in drei unterschiedlichen Kategorien ist die Band Nobody Knows aus Stendal. Ihr Bandleader Max Heckel war so nett und sprach mit uns über Siege, Aus- und Einblicke und über das, was der Band wichtig ist:
Zwei dritte Preise in der Kategorie Bestes Folkrock-Album, Bestes Alternativ Album 2014 und einen ersten Platz in der Kategorie der Besten Live-Performance. Herzlichen Glückwunsch für die verdiente Verleihung und den passenden Abschluss eines erfolgreichen Jahres. Ihr/Du habt schon mehrere Preise gewonnen. Was ist der Unterschied zum Sieg in Siegen?
Der Unterschied ist die Reichweite des Preises: Wir wurden bisher zumeist mit regionalen Preisen ausgezeichnet oder aber über diverse Internetplattformen. Auch diese Preise sind gleichermaßen erfreulich wie begehrt. Der deutsche Rock- und Pop-Preis wird jedoch auf nationaler Ebene und durch eine Fachjury verliehen, was ihn sowohl lokal als auch qualitativ aufwertet – und uns sozusagen mit ihm.
Hintergedanke und einziges Kriterium der Veranstalter des deutschen Rock und Pop-Preises ist der künstlerische Anspruch. In ihrer kulturellen und künstlerischen Ausrichtung steht diese Kulturveranstaltung damit im bewussten Gegensatz zu bisherigen Veranstaltungszeremonien von Industriepreisen und TV-Anstalten. Weiterhin ist er ein renommierter Preis für Newcomer-Bands. Nobody Knows gibt es schon seit fast 14 Jahren. Was hat Euch dazu bewogen, Euch für den Preis zu bewerben?
Erster Impuls war, dass ich unterschiedliche Bands in unserer Umgebung wahrgenommen habe, die in unterschiedlichen Kategorien ausgezeichnet wurden. Zudem haben sich einige Bands bei mir für „Folk! in die Nacht“ beworben, die auch Sonderkategorienpreisträger waren. Das war also der Erstanlass danach zu schauen, worum es sich überhaupt handelt. Eigentlich wollten wir uns schon vor einem Jahr bewerben, haben dann jedoch den Termin verpasst. Heute muss ich feststellen, dass das eine glückliche Fügung war, denn mit „Kleinstadtrhapsodien“ konnten wir zum ersten Mal eine CD vorlegen, die zu 100% auf unsere kreative Kappe ging. Gleichwohl man sich auf für Cover u.ä. bewerben kann, war unser Anspruch jedoch immer, für eine kreative Leistung ausgezeichnet zu werden, die über ein Nachspielen hinausgeht.
Viele Preisverleihungen laufen in unserer medialen Welt fast ausschließlich nur noch über Votings und Likes. Wie steht Ihr dieser digitalen Wertemessung gegenüber?
Der Nachteil an derartigen Preisen ist, dass das Honorieren damit zum zirkulären Phänomen pervertiert. Es ist zweifelsfrei, dass eine Band wie FIDDLER’S GREEN mehr Fans aktivieren kann als wir. Gleichermaßen können wir auch mehr Fans digital zum Votieren ermutigen als eine Band, die erst 100 Likes hat. Bedauerlicher- und gleichermaßen glücklicherweise votieren die sogenannten „harten Fans“ aus dem Anspruch der Loyalität heraus, d.h. sie schenken den Konkurrenten ihres Favoriten gar kein Ohr. Das war auch beim Deutschen Rock- und Pop-Preis in der Kategorie „Publikumspreis“ so: Die Fans kamen an und haben umgehend votiert, ohne überhaupt eine andere Formation angehört zu haben. Ich halte dieses Phänomen für durchaus probat, finde jedoch ebenso wichtig, dass dem eine andere Form von Auswertung an die Seite gestellt wird.
Wenn Eure Mitbewerber eher einen schrägen Coolness-Faktor auf der Bühne entwickelt haben, war Euer Auftritt von erheiternder und schweißtreibender Dynamik – wie seht Ihr Eure Position zum Publikum?
Ich glaube, dass das Charakteristikum unserer Musik maßgeblich vom Miteinander mit dem Publikum hervorgebracht wird. Es würde mich recht schnell langweilen immer und immer wieder das Gleiche aufzuführen. Prinzipiell wiederholen sich unsere Stücke natürlich, aber das Publikum ist jedes Mal anders – und mit ihm auch das jeweilige Stück, das grade vorgetragen wird. Insofern ist ein grundlegendes Merkmal unserer Musik die Eigendynamik auf der Bühne. Es gibt unzählige Bands, die technisch vielfach versierter sind als wir, was für uns jedoch kein Problem ist, weil das gar nicht dasjenige ist, worauf wir Wert legen. Insofern war es durchaus interessant, versierte Musiker auf der Bühne zu sehen, aber das Miteinander mit dem Publikum ist einfach unser Ding.
Kommen wir mal zum platzierten Album. Du hast „Kleinstadtrapsodien“ nicht nur selbst produziert, Ihr bringt das Album erstmalig auf deinem eigenen Label Prosodia heraus und das ist sicher nicht der einzige Grund, darauf stolz zu sein?
Selbstverständlich. Die Rhapsodien sind nicht nur das Produkt der Feder von Thor und mir, sondern durch das offizielle Veröffentlichen unter „meinem“ Verlag natürlich umso näher an mir dran. Ich habe zwar auch unserer bisherigen Alben promotet, aber dieses war mir natürlich umso wichtiger: aus Musiker-, Komponisten- und Verlagssicht.
Das Album kommt durch die umfangreiche Instrumentalisierung und den teilweise provozierenden Texten kreativ, frech und abwechslungsreich daher. Hat sich Nobody Knows damit freigespielt und seinen Weg gefunden?
Ich beginne mit der letzten Frage. Ich hoffe, dass ich nie an dem Punkt ankommen werde, an dem ich ein Ziel erreicht habe, weil der Weg immer der erste Impuls zur Kreativität ist. Ich werde also hoffentlich nie kreativ stagniert sein – was auch für Nobody Knows gilt. Selbstredend bin ich mit unseren Rhapsodien wahnsinnig zufrieden, eben weil so viel Persönliches darin steckt. Ich denke, dass wir damit einen guten Weg eingeschlagen haben, der uns unweigerlich vom sogenannten Covern wegführt. Ich halte ebendiesen für gleichermaßen kreativ-rastlos wie unumstößlich. Die ersten Notwendigkeiten sind also beschritten, so dass nun viele weitere folgen können. Und ich freue mich wahnsinnig darauf, ihn zu beschreiten.
Passend zu Eurem Sieg in der besten Live-Performance gibt es im Song „Schüttel dich“ einen Reim, der mir besonders gut gefällt. „Es läuft der Schweiß Euch ins Gesicht. / Die Stimmungswoge steigt und bricht / akustisch über alle ein. / Wir finden das ganz feinfeinfein“. Beschreibt dieser Reim Eurer Ziel am besten?
Prinzipiell sind wir natürlich keine Band, die die großen Themen der Gesellschaft oder gar Menschheit thematisiert. Ich denke, das vornehmliche Element unseres Musizierens ist das Spaßhaben und Weltvergessen für einen Abend. Insofern ist diese Textzeile durchaus typisch für unsere Form musikalischer Auseinandersetzung. Das heißt jedoch nicht, dass das die einzigen Themen sind, die uns umtreiben.
Dann gibt es da auch ein sehr ungewöhnliches Stück: „.&-„. Was hat es damit auf sich?
Dieses Stück beweist m.E. recht gut, dass Kritik und Unterhaltung auch auf einem harmonischen Level zusammenpassen. Man muss keine geschlechtsstereotypen Plattitüden immer und immer wiederkauen – ich mag hier keine Namen nennen – um das Ganze am Ende „Humor“ zu nennen. Mein diesbezügliches Verständnis ist eng an das der Ironie gekoppelt, die per se auch kritisch ist. Man kann also den Zeigefinger heben und auf andere zeigen, man kann aber auch auf sich selbst zeigen und sich im Kontext seiner Umwelt kritisch reflektieren und wird dort einer Menge offenbar werden, das kritikwürdig ist. Dass diesem Lied der Brückenschlag zwischen Unterhaltung und gebotenem Ernst gelingt, erfreut mich sehr.
Wie schon erwähnt, seid ihr schon seit 14 Jahren zusammen. Was überrascht Euch noch aneinander?
Jedermanns Musikgeschmack verändert sich mit der Zeit. Ein Teil dieser Veränderung ist grundsätzlicher Bestandteil unserer Musik. Insofern überraschen wir uns mit gegenseitigen Impulsen, die gleichermaßen kontrovers wie konstruktiv sein können. Im Hinblick auf das Miteinander ist für mich der Ausdruck „Wahlverwandtschaft“ sehr angemessen. Klar, Papa gehört zur „echten“ Verwandtschaft, aber die Kollegen und auch der uns umgebende Kreis an Fans und Freunden ist Teil meines Verständnisses von Familie. Diese zeichnet sich ja auch im privaten Rahmen durch Beständigkeit aus. Das allein wäre mir jedoch zu wenig. Unsere Musik ist konzeptionell konzeptlos, will sagen, die Unbeständigkeit ist das beständige Element unseres Schaffens. Stillstand oder Stagnation würde ich nicht lange ertragen, weil das hieße, dass wir nichts mehr mitzuteilen hätten. Es gibt Bands, die können das recht gut kompensieren und auch über Jahre hinweg – mein Ding wäre das jedoch nicht. Die Aussicht, die letzten zehn Jahre auch in den nächsten zehn Jahren auf der Bühne zu wiederholen, empfinde ich hochgradig abschreckend. Dasjenige, das einen Musiker / Komponisten / Texter oder auch Künstler antreibt, ist m.E. immer eine Form kreativer Rast- und Heimatlosigkeit. Ich brauche sie, weil sie Bestandteil meines Selbstverständnisses ist. Umso erfreuter bin ich, dass dieser Umstand nun auch mit einem Preis honoriert wurde.
Zum Schluss noch die Frage, was Euch anspornt und was wir im nächsten Jahr von Euch erwarten dürfen.
Im nächsten Jahr wird es ein Tucholsky-Programm von uns geben. Wir verlassen also die Pfade der Lyrik nicht, sondern schlagen einen dezidierten Weg ein, der womöglich in zwei Jahren schon wieder verworfen wird. Auf jeden Fall werden uns diese Wege voranbringen. Folkloristisch betrachtet werden wir im Frühjahr an neuen Titeln arbeiten … das war’s dann auch schon von uns. Alle anderen Ziele beträfen wohl eher mich selbst.
Noch einmal Gratulation zu den hier erwähnten Preisen und auch zu diesem ganz vorzüglichen Interview, es war schön, in Siegen dabei sein zu dürfen und echt mal ,den erste Platz habt ihr euch dort sowas von verdient. Danke Folknews ,für die Zusammenfassung
Die Zahl der deutschen Kriegerdenkmäler zur Zahl der deutschen Heine-Denkmäler verhält sich hierzulande wie Macht zum Geist. Kurt Tucholsky
Freue mich daher sehr auf das Tucholsky-Programm.
Wir als selbstorganisierte Musikergemeinschaft im Deutschen Rock & Popmusiker Verband e.V. halten es für selbstverständlich, dass musikqualifizierte Juroren aus allen Teilen Deutschlands unbeeinflusst die auftretenden Künstler/innen und Musikgruppen auf unseren jährlichen Kultur-Musikfestival künstlerisch bewerten. Deshalb haben wir seit ca 30 Jahren ein ständig vergrössertes Jury-Team aus aktiven Musikfachleuten aufgebaut, dass seitdem ehrenamtlich! vor Ort auf der Bühne vorgestellt wird und die Künstler wertet. Seit nunmehr 7Jahren in der Siegerlandhalle in Siegen…
Wir als selbstorganisierte Musikergemeinschaft im Deutschen Rock & Popmusiker Verband e.V. halten es für selbstverständlich, dass musikqualifizierte Juroren aus allen Teilen Deutschlands unbeeinflusst die auftretenden Künstler/innen und Musikgruppen auf unseren jährlichen Kultur-Musikfestival künstlerisch bewerten. Deshalb haben wir seit ca 30 Jahren ein ständig vergrössertes Jury-Team aus aktiven Musikfachleuten aufgebaut, dass seitdem ehrenamtlich! vor Ort auf der Bühne vorgestellt wird und die Künstler wertet. Seit nunmehr 7 Jahren in der Siegerlandhalle in Siegen…