Ulrike Baumbach (Gesang, Quinton) und Carsten Apel (Akkordeon) stehen Rede und Antwort im Hinblick auf ihr neues Album:
Mit 14 Jahren Bandgeschichte gehört ihr, mit Verlaub, zum betagteren Eisen der Szene. Wie kam es zur Gründung der Formation?
Carsten: Damals gab es einige Anfragen zur Begleitung von Folktanzveranstaltungen und im Freundeskreis interessierte Musiker die Lust auf mehr hatten.
Ulrike: Ich hörte im Freundeskreis davon, dass man einen Geiger suchte, und da ich in Berlin Violine und Gesang studiert hatte, holte ich dann das in 13 Jahren gut abgelagerte Instrument vom Schrank…
Was hat sich seither verändert (Formation, Stil, Instrumentation, usw.)?
Carsten: Wir haben uns zunächst viel mit Klezmer, die Hochzeits- und Tanzmusik der Juden, beschäftigt und diese Musik interpretiert.
Weil diese Musik auch immer europäischen, ja globalen Einflüssen unterliegt, kamen schnell weitere Einflüsse aus der Roma und Balkanmusik, des Swing, aber auch bretonische und irische Interpretationen uns sogar der Klassik hinzu.Ulrike: Eigentlich war ich immer auf der Suche, deshalb auch dieses breite Spektrum, ich lasse mich nicht gern festlegen. Es gibt bei uns eine große musikalische Neugier, wir sind sehr offen und finden es bereichernd, uns mit anderen Musikkulturen auseinanderzusetzen. Unsere Instrumentation hat sich über die Jahre verändert. Hinzugekommen sind Baß, Percussion und Gitarre, früher war Mandoline dabei. Von der „Uralt- Stammbesetzung“ sind wir von einst vier Musikern jetzt noch drei. Das ist eine Leistung finde ich, immerhin spielen wir seit eigentlich 15 Jahren zusammen, das ist fast wie eine Ehe..Da gibts dann auch mal Reibereien, aber bis jetzt (dreimal Holz!) kriegte sich jeder wieder ein. Unser Baßkollege Carlos spielt als Dauergast bei uns und hinzugekommen ist Christian mit Perc. und Git., und damit hat sich unser Sound und auch Stil sehr verändert.
Wohin soll die Reise in den nächsten Jahren gehen?
Carsten: In den letzten Jahren haben wir begonnen nicht nur traditionelle Stücke zu bearbeiten sondern auch Eigenes zu komponieren. Dies wird weiter vertieft werden. Auch werden wir weiter an Projekten arbeiten. So wird es eine Zusammenarbeit mit einem Streich-Quartett geben unter dem Arbeitstitel Klassik meets Klezmer. Auch ein Programm mit ausschließlich jiddischen Liedern wird weiter gestaltet.
Ulrike: Wir kommen immer mehr dahin, eigene Titel zu schreiben oder Musik zu verbinden, egal ob jiddisch oder irisch, es muß sich gut einfügen und interessant sein. Wir sehen Musik als Weltsprache, man versteht sie, egal woher sie kommt. Ich persönlich würde gern noch mehr jiddische Lieder ausgraben, vielleicht welche von jüdischen Unterhaltungsmusikern aus Amerika, die gehen leicht in die Musicalrichtung, und da sind sie bei mir gerade richtig. Ansonsten sind Projekte wie mit dem Rossini Quartett vom Theater MD sehr spannend, vor allem, weil es die Möglichkeit des gemeinsamen musizierens gibt, da kann man ein bischen arrangieren, den typischen Klang eines Streichquartettes für Klezmertitel nutzen und wiederum durch uns als Band brechen, das finde ich immer spannend.
Nachdem ihr zuletzt mit „Es ist ein Schnee gefallen“ ein inhaltliches Konzeptalbum vorgelegt habt, schlägt „Zumer“ wieder unkonzeptionelle Töne an? Was ist das Novum dieses Albums?
Carsten: Das Album erscheint im Sommer und Titel 8 trägt diesen Namen.
Ulrike: Der Titel unseres Albums hat sich so ergeben, während der Produktionphase, er war nicht geplant. Es gibt Neues auf dem Album, fünf Titel sind von uns geschrieben und die anderen acht Titel sehr genau arrangiert. Wir arbeiten sehr viel an Arrangements, und gerade bei diesem Album nutzten wir die Aufnahmetechnik im Studio um z.B Gesangssätze einzusingen oder instrumental sich verwebende Melodien übereinanderzulegen. Unser Sound ist durchsichtiger, filigraner geworden.
Wie ging die Produktion vonstatten (besondere Vorkommnisse, Studio, Dauer, Cover, Gastmusiker, usw.)
Carsten: Das Album wurde im März bis Mai 2014 im Waldhausstudio bei Mohi Buschendorf produziert. Dort konnten wir alle Titel weitestgehend Life produzieren. Nur einige technische Raffinessen und weitere Stimmen der Gesangssätze wurden zusätzlich aufgenommen. So blieb die Dynamik der Band natürlich und musikalische Freiräume waren gegeben.
Ulrike: Keine Vorkommnisse, keine Gastmusiker. Wir hatten tolles Frühlingswetter und die Vögel zwitscherten den ganzen Tag. Für uns das geniale Umfeld, um gut entspannt und konzentriert an den Titeln zu arbeiten.Dazu der erfahrene Mohi, der die Produktion als Produzent begleitet und durch seinen konstruktive Arbeitsstil die CD Produktion rund werden ließ. Die Covergestaltung war dann eine Herausforderung, da hatte Heike, unsere Fotografin, alle Hände voll zu tun.
Wird das nächste Album dann „Herbst“ heißen? Und was passiert nach dem Abschluss eures jahreszeitlichen Gesamtwerkes?
Carsten: Soweit sind wir noch lange nicht.
Ulrike: Wir hatten mal ein Projekt, das hieß „Hälfte des Lebens“, alte deutsche Volkslieder musikalisch neu gewandet. Das könnte zum Beispiel unsere Herbst CD werden…., Spaß beiseite, wir beabsichtigen kein jahreszeitliches Gesamtwerk. Wir hoffen,dass wir uns noch ein bischen musikalisch ausleben können und vor allem hoffen wir, dass wir mit unserer Musik Menschen erreichen können.
„Nomen est omen“ heißt es: Inwiefern ist das symptomatisch für euren Band- und Albennamen?
Carsten: „FOYAL“ ist ein jiddischer Slang für Klarinette welcher noch aus den Klezmer-Wurzeln der Band entspringt. „ZUMER“ die Farbigkeit des Sommers steht für dieses Album mit den verschiedensten fein verwobenen Stilen.
Ulrike: Wenn man die Titel der neuen CD zusammennimmt, sind von den 13 Titeln fast die Hälfte jiddische Titel, da bot sich ein Titel wie dieser förmlich an, vor allem auch, weil es all das wiederspiegelt, was Sommer-Zumer in sich trägt. Sonne, Weite, Meer, weites Land, Freiheit.
Ihr entstammt offenkundig unterschiedlichen Genre, so bspw. den Gefilden der Klassik oder der sogenannten Mittelaltermusik. Wie kultiviert ihr euren Stil (dogmatisch, kreativ, unreflektiert)?
Carsten: Foyal löst sich sehr bewusst von traditionellen Spielweisen, um frei zu sein für das eigene musikalische Empfinden. Uns geht es immer um den eigenen Umgang mit Musik. Dabei weniger um das Bedienen von althergebrachten Interpretationen und Spielweisen. Vielmehr lassen wir die verschiedensten Einflüsse wirken. So entsteht die Musik aus den Herzen der Foyal Musiker welche für verschiedene Genre schlagen um vereint einen Sound zu entwickeln. So ist der Titel „Flieg Gedanke“ eine Bearbeitung des Nabucco-Chor Themas in Moll und im balkantypischen 7/8 Takt und adaptiert zu einem Dvorak Thema.
Gerne greifen wir auch alte Stücke immer wieder auf und interpretieren sie neu. So begleitet uns das serbische Volkslied Aide Jano von Anfang an und erscheint nun auch zum zweiten Mal auf einer CD.Ulrike: Kreativ, würde ich sagen. Wir versuchen, reflektiert Verbindungen herzustellen. Was gibt es Besseres, als Musiker aus verschiedenen Genres und mit verschiedenen Einflüssen. Das macht uns aus. Wir versuchen, authentisch zu sein, jeder kann sich einbringen, wir leben das, was wir spielen. Wie schon einmal gesagt, für uns ist Musik Weltsprache, wir möchten in keine Schublade und haben nicht den Anspruch der stiltreuen Interpretation von Musik.Wir haben unseren eigenen Stil.
Wünscht ihr euch mehr Auftritte oder ist das aufgrund der Projektdichte aller Musiker nicht möglich?
Carsten: Ein voller Konzertkalender ist nicht unser Ziel. Hier geht es eher um Klasse statt Masse.
Ulrike: Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ich mag nicht das typische „Gemugge“. Lieber ein paar schöne Veranstaltungen, auf die man sich freuen kann, wo die Menschen zuhören, wo das Ambiente stimmt, wo wir eben hinpassen.
Euer Verständnis als „Weltsprachler“ (so jedenfalls auf eurer Homepage) ist wie zu verstehen?
Carsten: Musik in ihrer ethnischen Vielfalt findet immer gemeinsame Nenner und schafft Verständigung, Verständnis und Vielfalt, ja sogar Veränderung.
Ulrike: Wir brauchen keinen Dolmetscher, uns versteht man auch so.
Derzeit hört man vielerorts die Puristen zetern, man solle stilistisch nicht zu viel vermengen? a) Was ist euer diesbezüglicher Selbstanspruch
Carsten: Lass sie zetern. Uns geht es ja nicht vordergründig um das Vermengen. Für uns gibt es keine Regeln. Viele Einflüsse sind willkommen. Daraus wird dann ein Stil, der Eigene.
Ulrike: Unseren Anspruch habe ich ja in den vorherigen Fragen schon erläutert. Für mich gibt es nur Musik die einen mitnimmt, einen berührt, Gänsehaut erzeugt, fröhlich oder traurig macht. Oder es gibt Musik, die mich kalt läßt, die mich nicht erreicht, die hat dann ihr Botschaft verfehlt. Abgesehen von der Stiltreue ist es immer noch die Botschaft, die vermittelt werden soll, und die steht im Vordergrund. Nicht dass ich jetzt den Eindruck erwecken möchte, ich sei gegen Stiltreue, ganz im Gegenteil, ich finds schön, wenn es jemand tut. Aber es ist eben nicht vorrangig unser Anspruch. Wir machen uns die Musik zu eigen und leben sie in unserem Stil.
Gibt es diesbezügliche Erfahrungen bei Auftritten?
Carsten: Oft würdigt das Publikum den unkonventionellen Umgang mit den verschiedenen Stilen. Wer mit den typischen Erwartungen in das Konzert kommt, macht eine neue Erfahrung.
Ulrike: Es gab bei uns immer nur eine Erfahrung mit dem Publikum. Entweder wir konnten es einfangen und mitnehmen, dann wußten wir immer, unsere Musik trägt die Energie, dann funktionierts auch mit dem Publikum. Wenns nicht gefunkt hat, mußte man eben sehen, woran es lag, und beim nächsten mal etwas ändern.