Eurem Namen nach besteht ein emotionales Band zwischen euch? Demnach hat euch also ebendieses oder als erstes die Musik zueinander geführt?
Matthias: Das ist richtig, wir sind seit 2010 glücklich verheiratet. Kennengelernt haben wir uns Ende 2004 in einer Musical-Produktion in Bremen. Ania war dort mit einem polnischen Orchester zu Gast und ich Teil der deutschen Band. Sie kam zur ersten Probe mit ihrem Cello um die Ecke und war sofort Bandgepräch
Ania: Matthias war mir auch schon auf der ersten Probe aufgefallen, aber mein Schul-Deutsch war nicht besonders und ich war unsicher ob ich überhaupt etwas verstehe. Ausserdem: warum sich mit einem deutschen Musiker verbinden wenn man in ein paar Wochen zurück nach Polen geht ? Aber auf der Premierenfeier sind wir uns dann doch mit Kollegen-Dolmetscher etwas näher gekommen und 2 Tage später hat Matthias uns erst einmal Wörterbücher gekauft. Es gab ständig Missverständnisse. Lustige Zeit.
Matthias: Stimmt. Aber dann sind wir ein halbes Jahr gependelt und das war auf dauer nervig, bis Ania sich entschieden hat nach Hamburg zu ziehen.
Ania: Das war am Anfang hart. Die Sprache, keine Arbeit, erst mal keine Bekannten… aber nach ein paar Monaten konnte ich in Hamburg bei Mamma Mia am Keyboard spielen und langsam auch mit dem Cello Jobs bekommen. Mittlerweile läuft es ziemlich gut und ich habe auch viele Freundschaften geschlossen. In der Musik wird das alles immer schnell international und polnische Kollegen sind natürlich auch dabei.
Matthias: Also war unser Band am Anfang rein privat. Aber wir hatten schon immer viele gemeinsame Jobs in Orchestern und später auch mit einigen Sängern die gerne mit Gitarre + Cello spielen wollten. Quasi die kleine Singer/Songwriter Band. Wir haben auch ab und zu über ein eigenes Programm gesprochen, aber die Initialzündung war dann erst eine Lesung zu der wir etwas Musik arrangiert hatten. Da sprach uns ein Kollege auf den tollen gemeinsamen Sound an und fragte nach einem kompletten Programm. Das war 2009/10 der Startpunkt. Es hat dann aber noch einmal gute 2 Jahre gedauert bis wir genug Material für Konzerte hatten, da wir nicht auf Vorlagen zurückgreifen sondern eigene Ideen umsetzen wollten.
Inwiefern habt ihr euch seit eurem Debüt verändert oder seid euch treu geblieben? Die stilistische Selbstverortung des „Kopffilmmusik“ liest sich gleichermaßen amüsant, wie sie allgemein ist. Ich kann mir eure Musik problemlos in bester Die-fabelhafte-Welt-der-Amelie-Manier vorstellen. Wie funktioniert diese Musik live? Improvisiert ihr?
Matthias: “Reise nach Norden” war für uns die Basis, das musikalische Grundgerüst das wir uns erst einmal schaffen wollten. Wir haben zuerst nach einem eigenen Ansatz und musikalisch roten Faden gesucht und ich denke das hat ganz gut funktioniert. “Zwei” führt den eingeschlagenen musikalischen Weg weiter und ist aber etwas vielseitiger geworden. Es gibt für uns neue Sounds wie die Slide Gitarre in “Mondnacht”, die sich mit dem Cello verbindet, oder die Atmosphärische Klangcollage in “Dunkle Wolken”. “Fliegender Teppich” klingt wie der Titel andeutet etwas orientalisch und es gibt jazzigere Klänge mit Easy Money/Suffering bei dem ich auch Gitarren-Percussion verwende.
Ania: Kopffilmusik nenne ich das, weil für mich zu jedem Stück immer Bilder zum Leben erweckt werden. Deshalb mag ich instrumentale Musik so gerne. Man kann seine eigenes Kopfkino dazu laufen lassen.
Matthias: Live funktioniert das auch sehr gut. Wir beobachten oft, daß das Publikum mit geschlossenen Augen zuhört. Da scheint dann das Kopfkino schon zu laufen. Da es aber eben keine gesungenen Texte gibt, moderiere ich ganz gerne, erzähle etwas über die Stücke, unsere Bilder dazu, die Entstehung, Anekdoten oder wenn wir etwas arrangiert haben, wie dieses Stück den Weg ins Programm gefunden hat. Daraus haben sich auch schon nette oder lustige Dialoge mit dem Publikum entwickelt. Meist ist es auch so, daß die Leute im Vorfeld noch gar nicht wissen was wir machen und erwarten ein eher klassisch geprägtes Programm. Da wundert sich dann z.B. schon mal ein Purist warum ich ein paar Effektgeräte benutze, wir die Instrumente verstärken oder hier und da ein Looper eingesetzt wird.
Ania: Ich habe ich den Eindruck das die Zuhörer diese Art Unterhaltung mögen, ein Konzert nur mit Programmzetteln empfinde ich immer als etwas steif. Musikalische Improvisation ist allerdings nur an wenigen Stellen dabei. Bis jetzt war uns das noch nicht so wichtig und ich bin das aus der Klassik auch gar nicht gewohnt, aber mal sehen wie es sich entwickelt. Langsam werde ich mutiger.
Ihr lebt von der Musik. Und auch von diesem Duo? Was sind zukünftige Pläne und Wünsche?
Ania: Ja wir leben von schon lange von der Musik, ich habe Klavier & Cello studiert und Matthias hat schon mit 19 in Bands und im Theater angefangen zu arbeiten. Aber von dem Duo alleine könnten wir nicht leben.
Matthias: Das müssen wir uns erst einmal weiter aufbauen. Im Moment ist es einfach toll neben den Theater-, Musical- oder Band-Engagements ein ganz eigenes Projekt zu haben. Da haben wir komplette musikalische Freiheit und es macht unglaublich Spass das wachsen zu sehen. Vor allem wenn man sieht, das man sich nach und nach ein Publikum erspielt und viel positive Rückmeldungen kommen. Man ist mit Komplimenten aber auch Kritik mehr verbunden. Spielt man für andere ist da eine grössere Distanz. Da wir zur Zeit eigentlich alles selbst machen von der Webseite über Videos erstellen bis Konzerte buchen würde ich mich natürlich freuen wenn sich in Zukunft noch gute Partner fänden mit denen wir zusammarbeiten können. Ich hätte auch nichts dagegen mal Vorprogramm zu spielen oder unser Programm mit anderen zu verbinden.
Ania: Letztlich wünscht sich natürlich jeder Musiker von seiner Musik zu leben – realistisch müssen aber die Meisten eine Mischung zwischen eigenen Projekten und Arbeit für oder mit anderen etablieren.
Ich mutmaße – dies wahrscheinlich zu Recht – hinter eurem Handwerk eine klassische Sozialisation, erahne aber in eurer Musik gleichermaßen folkloristische und weltmusische Prägungen. Wie entsteht eure Musik? Wie viel eurer Hörpräferenzen hält Eingang in eure Musik?
Matthias: meine Wurzeln liegen in der Rockmusik, also landet auch schon mal Musik vom jetzigen Deep Purple Gitarristen Steve Morse im Programm, ein fantastischer Musiker der schon viele musikalische Stationen durchlaufen hat und dessen Musik mich schon lange begleitet. Auf der anderen Seite habe ich, aus ein paar klassischen Gitarrenstunden und vor allem durch die Theaterarbeit, gelernt mit Noten umzugehen. Daher kann ich auch für uns arrangieren, komponieren oder Ideen skizzieren und das ist die Grundlage um weiter gemeinsam an den Stücken zu arbeiten. Für eigene Ideen gibt es viele Einflüsse, da wir uns nun schon so lange mit verschiedensten Musiken und Stilen befasst haben. Wenn man für sich selbst spielt oder improvisiert ist zuerst eine kleine Phrase, ein paar Akkorde oder eine Melodie da. Die wird aufgenommen und später weiter ausgearbeitet.
Ania: Oder von mir kommt dann z.B. der Vorschlag ”Hör doch mal die Musik von Leszek Mozdzer”, ein polnischer Klassik und Jazz Pianist den ich unglaublich mag. Nachdem Matthias zuerst kein Interesse gezeigt hat ist er mittlerweile auch ein echter Fan. So sind dann die Arrangements zu Easy Money & Suffering entstanden.
Matthias: Es gibt aber auch schöne Ideen die wir trotzdem nicht weiter verfolgen oder ins Programm nehmen, weil sie z.Zt. einfach nicht ins Gesamtbild passen. Das ist immer die schwierigste Aufgabe finde ich: die eigene musikalische Identität oder Stimme zu finden. Da kann man sich im “Wald” der musikalischen Möglichkeiten schon mal verlaufen.
Bisweilen hört man böse Zungen verlautbaren, dass Beziehungen im Arbeitskontext (so auch in dem der Musik) nichts zu suchen haben sollten. Wie seht ihr das? Inwiefern ist das Miteinander, das über das Musikalische hinausgeht Potential eurer Musik?
Ania: Ich finde es toll zusammen dieses Duo zu haben. Es gibt viele Kollegen-Paare die nicht so viel zusammen machen können wie wir und wenn man Pech hat muss man eine Zeit sogar an verschiedenen Orten arbeiten, oder einer hat eine Tournee und der andere ist zu Hause. Nichts für mich.
Matthias: Klar manchen gefällt das, aber ich kann mich erinnern als Ania mal eine 8 Wochen Tournee hatte fand ich das schon nach 3 Tagen doof. Die Wohnung war mir plötzlich zu gross und leer und man sieht sich wochenlang nicht. Aber es besteht natürlich immer die Gefahr, das sich Konflikte aus der Arbeit in die Beziehung einschleichen, da muss man aufpassen. Das ist uns auch schon passiert und man muss lernen damit umzugehen, denn ganz lässt sich das nicht vermeiden.
Ania: Auf der anderen Seite gibt es eben auch eine Gemeinsamkeit die man sonst nicht oft hat. Bis jetzt haben wir immer eine ganz gute Balance gefunden. Und wenn gar nichts geht – Tür zu und meditieren.
„Toss the Feathers“ ist im zweiten Teil für Geige auch nicht grade das bestmöglich zu spielende Stück. Ist die melodiöse Gewandung des Cellos an diesem Orte eine interpretatorische Raffinesse oder tendenziell doch eher der Spielbarkeit geschuldet? Warum dieser Exkurs in folkloristische Gestade, die nicht aus eurer Feder stammen?
Matthias: Eigentlich ganz einfach: mir haben diese beiden Stücke schon lange gefallen. Gehört habe ich sie in dieser Kombination zuerst bei den “Corrs”. Da ist “Toss the Feathers” eher eine Rock-Version. Ich habe es schon mal mit Akustik Gitarre & Mandoline aufgenommen und hatte einfach Lust es für uns zu arrangieren.
Ania: Es ist auch nicht gerade bequem auf dem Cello, eher Rock’n Roll. Aber es macht Spass zu spielen. Vor allem auch der Unisono Mittelteil von Matthias, der schon fast nach Jazzrock klingt.
Matthias: Letztlich spielen wir das wozu wir wirklich Lust haben und was unserem Gefühl nach zu uns passt. Jeder hat seine Favoriten und es gibt auch Diskussionen, aber Vorgaben haben wir in anderen Bereichen genug. Und mal sehen wie es sich musikalisch weiterentwickelt. Ich denke da lassen sich noch einige Ideen umsetzen.