Die sieben Stimmungsgiganten der Deutschfolk Gruppe Versengold bieten ihrer treuen Fangemeinde auf ihren Konzerten üblicherweise ein Festival bewegungsintensiver und musikalisch der Feierlaune zugeordneten Ohrwürmern über Themen wie Gauner, Halunken und Alkohol. Für die Balladen im Repertoire der Band war bisher auf den Festivals oftmals wenig Raum. Doch diesmal war alles anders.
Mit der Aufführung ihrer ersten Nacht der Balladen am 21.01.2017 in Bremen Vegesack, brachte die Band vor ausverkauftem Haus mit 600, teils weit gereisten Fans, ein Programm voll zauberhafter und berührender Stücke auf die Bühne, die gleichzeitig ein Brückenschlag über Vergangenes und Zukünftiges schlug. Deutschfolk vom Feinsten, der durch zwei gut austarierte Sets für ein großes Bad der Gefühle sorgte und für alle etwas dabei hatte.
„Heute ist alles anders“ waren gleich zu Anfang die Worte des Leadsängers und Songschreibers Malte Hoyer. Und damit war sicher nicht nur die ungewohnte Bestuhlung des Konzertes gemeint. Auch die Instrumentierung war durch einen zusätzlichen Perkussionisten sowie ein Damen-Streichquartett deutlich erweitert.
Sichtlich nervöser als üblich und in ungewisser Erwartung, wie die ruhigeren Töne ankommen, begann das Konzert in stimmungsvoller Atmosphäre mit Auf in den Wind. Ein unter die Haut gehendes Duett zwischen einem auf der See verschollenem Geist und seiner am Strand trauernden Geliebten.
Ein Einstieg, der durch die warme Stimme Maltes, der Sopranstimme der Gastmusikerin Silja Mansholt und dem mystischen Backgroundgesang der gesamten Band, einen Ausblick auf zu Erwartendes gab und nicht besser gewählt sein konnte.
Es folgten Balladen aus älteren Alben, die teils noch nie auf der Bühne, oder noch nie in dieser Formation aufgeführt wurden. Ihr so nah wurde ganze 10 Jahre nicht mehr gespielt und stand stellvertretend für die Sensibilität, Tiefsinnigkeit und Sprachgewandtheit aller Balladen des ersten Sets. Nebelfee hingegen feierte Premiere und wird erst mit dem kommenden Album im Sommer wieder zu hören sein. Ebenso Haut mir kein Stein, das mit einem Augenzwinkern dem Totenkult auf den Zahn fühlt und statt eines Grabsteins lieber ein Schankhaus an seiner Stelle fordert. Spätestens hier war jedem klar, dass die Nacht der Balladen keineswegs ein Abend reiner Melancholie werden würde.
Zollte das Publikum bis hierher jedem Lied durch kräftigen Applaus seine Zustimmung, hielt es die mitsingen und mittanzen gewohnten Fans nun nicht mehr auf den Stühlen. Standing Ovation noch vor Ende des ersten Sets.
Ein Phänomen, das auch nach der Pause nicht aufhörte. Gerade, weil dieser mehr durch die „schnelleren Balladen“ betont wurde. Na klar: Versengold, Schon immer mal, und Wem, uns kann jeder Versengoldfan im Traum textsicher mitsingen, was auch alle lautstark taten. Alles war eben doch nicht anders.
Die erste Nacht der Balladen bot nicht nur mehr als zwei Stunden erstklassige Musik mit einer bestens aufgelegten und publikumsnahen Band, deren spielfreudige Musiker zwischenzeitlich teilweise mehrfach die Instrumente wechselten. Sie bot auch eine sympathische Moderation mit lustigen und spontanen Aktionen und einen Abend voller Anekdoten, persönlicher Einblicke und Hintergrundinformationen zu den einzelnen Liedern. Einblicke, die den einen oder anderen vielleicht dazu veranlasst den Song Wolken aus einer ganz anderen Perspektive zu hören.
Es war ein Konzert, dessen einziger Wehrmutstropfen eine zu dunkle Beleuchtung war, womit gerade die hinteren Musiker oftmals im Nebel verschwanden und das mit der einzigen Zugabe Ein Schlaflied endete. Eine Zugabe, die nicht nur für einen perfekten Abschluss sorgte, sondern, da ebenfalls noch nie auf der Bühne gespielt, mit besonderem Witz und Charme von Malte angekündigt wurde. „Am besten ihr schließt die Augen, dann bekommt ihr wenigstens nicht mit, dass ich den Text ablese“.
Angesichts der frenetischen Publikumsreaktion ließ die Band, die mittlerweile beim Branchenriesen Sony unter Vertrag steht, sichtlich erleichtert noch auf der Bühne verlauten, dass es wohl nicht die letzte Nacht der Balladen sein würde. Man darf sich also auf eine voraussichtliche Wiederholung freuen.
Fotos: Heiner Breuer.
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