Stillstand bedeutet Langeweile und Horizonte sind dazu da erweitert zu werden. Die fünfköpfige Band CARA hat sich dieses Motto auf die Fahne geschrieben und in ihrem aktuellen Album Horzion mit viel Leidenschaft und logistischem Geschick umgesetzt. Denn die Bandmitglieder leben nicht gerade nahe beieinander. Kim Edgar kommt aus Edinburgh in Schottland und auch die deutschen Mitglieder Gudrun Walter, Rolf Wagels, Hendrik Morgenbrodt (seit 2014) und Jürgen Treyz haben mit Hannover und Stuttgart nicht gerade eine kurze Distanz zu überbrücken.
Cara ist eine Indi-Band und macht der deutschen Interpretation des englischen Wortes „ independent „ – Unabhängig- alle Ehre. Neben ihrem eigenen Label und eigener Konzertagentur, nennt die Band auch ein Studio ihr Eigen, in dem sie- ganz unabhängig- Horizon eingespielt haben.
13 neue Tracks, davon acht aus eigener Feder, eine neu arrangierte Ballade über den schottischen Nationalpoeten Robert Burns sowie ein Cover von Mick Ryan als Bonustrack. Stilistisch auf jeden Fall ein Blick über den Tellerrand, eingespielt mit reichlich guter Laune, Experimentierfreude und einem enormen Sack Kreativität in dem neben dem zweistimmigen Gesang von Gudrun Walter und Kim Edgar vor allem das dominierende Zusammenspiel von Geige und irischem Dudelsack auffällt. Die Umsetzung der manchmal näher an Bläserarrangements als an traditioneller irischer Musik erinnernden Tunes mag dem damaligen Pipes-Spieler Ryan Murphy sicher einiges abverlangt haben.
Passenderweise ist die menschliche Kreativität im Opener Take Flight selbst Thema des Albums in dem die eigenen, unglaublichsten Vorstellungen alleine dadurch einer Realität erfahren können, in dem man losgeht. Ein hoffnungsvoller Song über unsere Möglichkeiten und darüber die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Die schottische Mörderballade Blood, Ice and Ashes ist für mich eines der besten Stücke auf dem Album. Inspiriert durch die Kurzgeschichten „The Bloody Chamber“ wird hier, sozusagen als Ausgleich für die ganzen Frauen, die in schottischen Balladen dahin gerafft werden, einer Frau die aktive Rolle zugeschrieben. Einnehmenden Gesang, Klavier, Pipes und Bodhràn bauen dafür einen perfekten Spannungsbogen auf, der neben Hörgenuss gleich die passende Gänsehaut mitliefert.
The Bonnie Lad, Snow Moon und Be Gone sind wunderschöne Balladen: warm und mit vollem Klang. Letzteres mit leicht jazzigen Klängen, was mich dazu führt den Hut vor der Vielseitigkeit des irischen Dudelsacks mit seinen zwei Oktaven und dem Spielvermögen von Ryan Murphy zu ziehen.
Für Odd Rhythms muss man sich ein wenig Zeit nehmen. Gewagte, mutige und schwungvolle Rhythmen verleihen dem Instrumentaltitel eine bunte Mischung unterschiedlichster Stile, die wohl auch der Liebe des Gitarristen Jürgen Treyz zu südosteuropäischen Rhythmusverschiebungen geschuldet ist. Trotz der gewagten Kombinationen entsteht am Ende ein frech sympathischer Titel, der es in jedem Fall wert ist, mehrfach gehört zu werden.
Die Unabhängigkeit von Cara hört sicher nicht bei dem eigenen Label auf. Horizon ist ein unerschrockenes Statement und ein konsequenter Schritt weg vom alt Bekanntem, dorthin, wo Stillstand eben keinen Platz hat. Sowohl Gesang und instrumentale Umsetzung zeugen von einer hohen musikalischen Qualität und Kreativität. Das Einzige, was mir am Ende fehlt, wäre ein weiteres Melodie tragendes Instrument, welches den dominanten Pipes ein wenig mehr zur Seite stehen würde.
Zurzeit arbeitet Cara an Ihrem neuen Album und man darf mit Sicherheit gespannt sein, wohin die Reise geht.
Titelliste:
- Take flight
- Masters of consequence
- Blood, ice and ashes
- Odd rhythms
- Snow moon
- The three seasons
- The Bonnie Lad
- Big jigs
- Be gone
- Baby steps to Whiskey
- Lord Greorgy
- Jakob´s minuet
- The Widow´s primise (Bonus Track)