Zugegeben, das deutsche Volkslied erfreut sich hierzulande keiner vergleichbaren Popularität wie die Weisen anderer Nationen in ihrer Heimat. Zumeist aus schulischem Kontext bekannt, verbinden sich beim Klang von Kein schöner Land und Wenn alle Brünnlein fließen gemeinhin die Assoziationen von musikunterrichtlicher Müdigkeit mit dem schalen Eindruck einer schlecht gestimmten Gitarre. Welch‘ Wohltat war es doch, wenn man in seiner Klasse eine Stunde lang jeden Mitschüler mit Dat du min Leevsten büst anhören durfte.
Mit BUBE DAME KÖNIG tritt seit 2013 ein Trio auf den Plan, den vermeintlichen Anachronismen eine neue Gewandung zu verpassen. Wie die Kollegen von HüSCH! beweisen BDK den Mut zur Selbstverständlichkeit und zeugen in Zeiten von PEGIDA und ähnlichartigen Idiotien von politischer Sensibilität, indem sie ihre Homepage mit „Halle Gegen Rechts“ beflaggen. Es sind sonderbare Zeiten, in denen man sich der latenten Gefahr des Erklärenmüssens aussetzt, wenn man deutsches Volksliedgut vorträgt.
Juliane Weinelt (Gesang, Querflöte) und Jan Oelmann (Gesang, Akustikgitarre, Violine) reichern den Dizzy-Spell’schen Sound um Till Uhlmann (Drehleier, Violine, Backgroundgesang) an, was dem Trio ungemein gut zu Gesichte steht. Mit beinahe allegorischem Gewicht erklingt Nun will der Lenz uns grüßen, um nicht nur dem Silberling als Opener zu dienen sondern hoffentlich ebenso, um die Zeiten eines neuen Selbstverständnisses zu eröffnen. Oelmanns typischer Gitarrensound trägt Weinelts Stimme durch die Strophen, indes sich im Intro des Stückes Violine und Querflöte zum erstaunlichen Stell-Dich-Ein, das Live ein hör- und gucktechnisches Bonbon sein dürfte, vereinen. Mit „Spielmann“ zeugt das Trio von der Möglichkeit, sogenannte Traditionals auch in Übersetzung authentisch darbieten zu können, denn „Bonny Ship the Diamond“ hat dem zweiten Titel Modell gestanden. Interpretation ist also auch hier die Rache des Intellekts.
Zwischen illustren Weisen von artiger Beschaulichkeit erklingen zudem immer wieder Stücke wie Heideförsterlied, in dem die Drehleier zu vollster Entfaltung gelangt. Und weil Terzen einfach immer helfen, bezirzen Weinelt und Oelmann im trauten Gesang ohne dabei dem Kitsch anheim zu fallen. Wie bei allen mir bekannten Projekten überzeugt das um Uhlmann angereicherte Paar integral durch die Mischung aus instrumenteller wie vokaler Perfektion und gleichzeitiger Raffinesse in den Arrangements. Die merkliche Spielfreude wirkt zudem als Katalysator dieses gleichermaßen glücklichen wie seltenen Zusammenspiels. So bleibt zu hoffen, dass das Trio weiterhin seiner Linie treu bleiben wird, um dem hohlen Musikantenstadlfäkalismus ein selbstbewusstes und authentisches Gegenstück entgegenzustellen, das vor allem eines verdient hätte: viel, viel mehr Aufmerksamkeit. Es lebe das Volkslied in all seinen Facetten!
Titelliste
- Spielemann
- Wenn alle Brünnlein fließen
- Heideförsterlied
- Ebereschenbaum
- An der Saale hellem Strande
- Saalenixe
- Blasse Mary
- Schnitter Tod
- Dat du min Leevsten büst
- Gewerkschaftslied
- Es ist ein Schnee gefallen
- Kein schöner Land
- Abschied
Danke, Max! Und gleich noch eine Idee für unseren neuen Claim bekommen: „Lieder, die euch in der Schule das Fürchten gelehrt haben“ 😉