Als „Merseburger Zaubersprüche“ werden zwei althochdeutsche Sprüche aus heidnisch-germanischer Zeit zur Befreiung Gefangener und gegen Fußverrenkung (eines Pferdes) bezeichnet. Ja, auch die Germanen hatten damals offensichtlich Sinn für Humor oder haben ein krankes Pferd schlicht der Gefangenschaft gleichgesetzt. Viele Musiker fühlen sich seit ihrer Entdeckung inspiriert, die Zaubersprüche zu vertonen und nutzen die Macht des gebundenen Wortes um, einem Zauber gleich, die Menschen zu verführen.
Auch die Zwillingsschwestern Christine und Judith von PurPur, vielen auch eher unter ihren LARP-Namen Gabria und Leonora bekannt, haben auf ihrem Album „Zankapfel“ (2015) im Gemeinschaftsprojekt mit den Musikern der Band Saitenweise einen dieser Zaubersprüche vertont. Und ja, auch den beiden Schwestern aus Erlangen wohnt eine besondere Art inne.
Ausgestattet mit Gitarre, Bouzouki, Low-Whistel, Bodhrán, Davul, Psalter, Purpurella (Renaissance-Mandola) und Shrutibox verzaubern sie ihre Zuhörer auf Mittelaltermärkten, Tavernen, dem MPS oder auf dem Festival Mediaval live und unplugged. Dabei lieben sie die kleinen Bühnen. Genau dort können sie ihre zweistimmigen Balladen, ihre augenzwinkernden Eigenkompositionen oder ihre vertonten, historisch Texte aus den Bereichen der nordischen Mythologie und der Welt des Mittelalters direkt mit ihrem Publikum teilen. Ihr Ansinnen ist es, mit den gesungenen Geschichten Emotionen zu transportieren. Ein Ansinnen, welches ihnen mit ihrem selbst bezeichneten „PurPur-istischen Mittelalter-Fantasy-Zwillings-Folk“ bestens gelingt.
„Am liebsten haben wir persönliche, eher kleinere Auftritte, wo wir nah am Publikum sein können. Oder aber eben Festivals und Konzerte, wo unsere oft auch ruhige Musik ihren Platz hat und die Leute kommen, um zuzuhören.“
2007 gegründet, haben die zwei Schwestern gleich den Bardenwettbewerb beim Contest of Mythodea, sowie den golden Zwerg als Newcomer in der Kategorie „Spielleute“ gewonnen. Seitdem folgten die Studioalben „Gabria und Leonora“ (2009), „ZwieGesang“ (2011) und „ZwillingsFolk“ (2013). Aktuell stehen sie für das viertes Album („MaidenWerk“) im Studio und nutzen die Gelegenheit, ihr erstes Album gleich mit neu aufzulegen.
„Das neue Album bleibt uns schon sehr treu und dem, was die Fans an unserer Musik schätzen: Zweistimmiger Gesang, schöne Melodien, eher pur(pur)istische Arrangements und ein klarer Fokus auf den Texten. Wir erzählen gesungene Geschichten – und das machen wir auch dieses Mal. Nur eben neuer und instrumental abwechslungsreicher – alleine schon wegen der Gastmusiker, aber auch weil Judith mittlerweile neben Low-Whistle und Davul auch Psalter und PurPurella spielt und ich neben Gitarre und Bodhrán auch noch Cister bzw. Bouzouki. Für ein paar Lieder haben wir auch Cello, Geige und zusätzlichen Gesang dabei.“
Wenn die beiden Musikerinnen nicht gerade auf der Bühne oder im Studio stehen, widmen sie sich ihren jeweils eigenen Projekten. Die studierte Altgermanistin und Medienwissenschaftlerin Christine (Tini) widmet sich ganz der Musik und hat neben dem Co Projekt mit Saitenweise, KlangGespinst und Heiter bis Folkig, ein weiteres Standbein mit Devil´s Eden ins Leben gerufen. Dort bewegt sie sich mit Thomas Nehring vielseitig eher im akustischen Country-Folk-Rock Genre.
Judith promoviert und ist daher am Wochenende oft beruflich unterwegs oder längere Zeit im Ausland. Da bleibt manchmal wenig Raum für zusätzliche Konzerte. Schade, denn die beiden Schwestern sind auf der Bühne wahrhaft zauberhaft, weniger laut, bieten dafür aber gleich im doppelten Sinne vielfältigen Genuss musikalischer Entführung. Ein Tipp für alle Markt-, Festival-und Tarvernenbesucher!
Fotos: Heiner Breuer