Die Liste der bekannten und berühmten Musiker, die sich in der Music Hall Worpswede die Hand geben, ist lang. Dabei ist es eine eher kleine, wohl mehr Kneipenhafte Halle, von der jedoch bereits beim Betreten eine einnehmende Atmosphäre ausgeht. Es mag an diesen unzähligen Plakaten vergangener Konzerte liegen, die bis zur Decke an der Wand kleben, oder an der extrem guten Akustik, die jeden Ton so klar durch die Halle trägt, das man meinen könnte die Musik per High-End-Kopfhörer zu hören. Oder es liegt einfach daran, dass die Bands, die es gewohnt sind, große Hallen zu füllen, genau dieses intime Kneipengefühl lieben und Musik dort sein darf, was sie ist. Einfach nur Musik als Lebensgefühl. Alles ohne aufwendige Lasershow, Pyrotechnik und Massenhysterie.
Die Band Baltic Sea Child war also in bester Gesellschaft, als sie am Freitag zum zweiten Mal in der Music Hall auftraten.
Der ehemalige Fury in the Slaughterhouse Sänger Kai Wingfelder gründete mehr oder weniger spontan mit seinem Freund und Frontmann der Folkband Tears for Beers, Lars Jensen, die Band 2014 und erfüllte sich damit einen Wunsch, den er schon lange mit sich herumgetragen hatte. Der Name zollt dabei ihrer Heimat an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste Tribut, musikalisch geht es jedoch mit purer irischer Lebensfreude zur Sache.
Dass es den sieben Musikern Spaß macht, wird bereits mit dem ersten Ton auf der Bühne klar. Auch, dass sich dort keine Genreneulinge ausprobieren wollen. Auf der Bühne steht geballte Erfahrung. Erfahrung aus unzähligen Konzerten mit Fury in the Slaughterhouse, mit Tears for Bears, auf Tour mit den Pouges oder mit Baltic Sea Child in Wacken Open Air.
Trotz angeschlagener Gesundheit, gibt es in klassischer Folk Musik Besetzung von Gitarre, Schlagzeug, Akkordeon, Banjo, Geige und Bass gleich zu Beginn Gute-Laune-Vollgas-Nummern auf die Ohren. Ein Tempo, bei dem weder der Worpswedianer noch die Worpsweniette, (wie das Worpsweder Publikum freundschaftlich betitelt wurden), schwer still sitzen konnten. Ebenso freundschaftlich gab es, wohl dosiert, einen verbalen Schlagabtausch mit Wortwitz, Schalk und die eine oder andere Geschichte aus dem Nähkästchen zwischen den beiden Frontmännern, der so ganz nebenbei, wie zufällig, für dieses Wohnzimmergefühl unter Freunden sorgte.
Songs wie Devils love, Fool in the Rain und Serching for a Rose sind beste Beispiele für den traditionellen und doch frischeren Sound der Band. Wunderbar leicht und ansteckend ohne sich verstaubt, oder wie „irgendwie schon mal gehört“ anzuhören. Profis eben, die wissen, wie moderne Folkmusik zu klingen hat.
Aber nicht alles ist Party. Mit Slow Down gab es nachdenkliche Töne und den Hinweis doch mal einen Gang zurück zuschalten, vielleicht mal wieder einen Brief zu schreiben, anstatt in Hektik als Sklave moderner Medien jederzeit erreichbar und allzeit bereit zu sein. Hand in Hand rundete und beendete gleichzeitig den Balladenblock, der wie geschaffen für die markante Stimme von Kai Wingfelder war.
Einen kleinen Ausflug in politische Gefilde gab es mit Augenzwinkern und geballter Faust für die Baltic Sheep Liberation Front.
Nach 90 Minuten und drei weiteren Zugabenblöcken endet ein kurzweiliges Konzert auf hohem musikalischem Niveau mit bester Akustik und gut gelaunten Musikern. Und wer wissen möchte, wie sich Nothing Else matters im Folkgewand mit starken Banjo Elementen anhört, sollte unbedingt eines der nächsten Konzerte von Baltic Sea Child besuchen. Schade nur, dass aktuell für nächstes Jahr keine weiteren geplant sind, da Kai Wingfelder zum 30 jährigen Jubiläum noch einmal mit Fury in the Slaughterhous auf der Bühne stehen wird. Alternativ wird Lars Jansen mit Tears for Beers sicher eine gute Wahl sein sich ebenso gut zu unterhalten.
Fotos zu dem Konzert gibt es hier
Fotos: Copyrights by Frank Teichmann (TeiCon) und Maggis Nicklausen (abenteuerphoto)