Sie selbst bezeichnet sich als Dubliner Volksmusikerin mit traditionellen Wurzeln und versteht sich als Stimme des einfachen Volkes. Andere bezeichnen Aoife Scott eher als die scharfe Stimme der sozialen Gerechtigkeit. Beide haben Recht.
Als Tochter und Nichte der zwei bekanntesten irischen Sänger Francis Black und Mary Black bringt die Musikerin eine große Portion Talent und reichlich Kontakt und Erfahrung aus dem Bereich der traditionellen irischen Folkmusik mit. Sie weiß jedoch auch, wie sehr die irische Bevölkerung in der Bankenkrise gelitten hat und dass solche Probleme nicht vom Himmel fallen, oftmals durch Korruption und Verantwortungslosigkeit mitverschuldet wurden.
Mit der Realität eines Musikers ständig konfrontiert startet die aus Dublin stammende Musikerin zunächst eine Kariere im TV, schreibt Musik für Serien und Dokumentarfilme, geht nebenberuflich auf Tour ins Ausland und vertritt Irland in Italien bei einem Musikwettbewerb. Im Jahr 100 nach der irischen Osterrevolution 1916 bringt sie ihr Debütalbum Carry the Day als Vollzeitmusikerin im Crowdfunding heraus und thematisiert in 12 akustischen Liedern die großen Krisen, Schuld und Verantwortung, aber auch ihre tiefe Liebe zu ihrem Heimatland und persönliche Begegnungen.
Trotz sozialer Texte wie in We know where we stand und What you do with what you´ve got wirkt das Album wie ein Spaziergang. Leicht, fast wie an die Hand genommen und in freudiger Erwartung auf alles, was Heimat zu bieten hat. Auch, wenn es mal weniger schön ist.
Durch alle Lieder zieht sich das Konzept einer dominierenden Stimme mit wohl dosierter Begleitung meist traditioneller Instrumente wie Geige, Gitarre und Bodrhán. Gesangliche Unterstützung, wenn auch ebenfalls sehr dezent im Hintergrund, bekommt die Sängerin aus ihrer Verwandtschaft. Ihr Bruder Eogan Scott, ihr Cousin Roisin O, ihr Onkel Martin Schwarz und natürlich ihre Tante und ihre Mutter, bilden in Liedern wie All Along The Wild Atlantic Way den Background.
Mit Down by the Schelleybanks zeigt die Sängerin eindrucksvoll ihre tiefe Liebe zu ihrer Heimatstadt Dublin und besingt ihre favorisierten Plätze. Ehrliche und aus dem Herzen kommende Töne, die man der Sängerin uneingeschränkt abnimmt.
Der meist ruhigere Grundton erfährt in The Growing years instrumental durch den Einsatz eines Piano eine eher nostalgische Note und Deep Dark Water wartet durch das Banjospiel mit einen leichten Country Einschlag auf. Abwechslung, die dem Album gut tun.
Aoife Scott schafft mit ihrem Album den Spagat das Herz des Hörers zu treffen und gleichzeitig Geschichten zu erzählen, die nicht nur berühren, sondern die Zeiten in denen wir leben zu reflektieren. Das Ergebnis ist ein Album, das in seiner jugendlichen Lebendigkeit modern und dennoch traditionell wirkt. Ein Album, das auch dank ihrer warmen Stimme, ihrem Ohr für gute Geschichten und die Fähigkeit alles in einnehmender Weise mit einem Lächeln zusammenzubringen, ein dickes Ausrufezeichen für eine sozialere und friedlichere Welt verdient.
Wem die Geschichten in englischer, und an wenigen Stellen auch in irischer Sprache, nicht wichtig sind, der genieße das gut produziertes Akustikalbum mit einem Teller Irish Stew und anschließend einem Glas Whisky vor dem Kamin und lässt sich lediglich dabei von der Stimme der Musikerin davon tragen. Ausdrucksstarker, gemütlicher und treffender kann Heimat nicht beschrieben werden.
Titelliste:
- All Along The Atlantik Way
- We Know Where We Stand
- Down By The Shelleybanks
- Gypsy Warrior
- Fásaim
- The Growing Years
- Eleanor Ambrose
- Deep Dark Water
- The Hills of South Armagh
- What You Do With What You´ve Got
- Slán Leat
- The Wallflower Waltz