Das Irish Folk Festival in Europas größter Kulturhöhle im Sauerland feierte vom 04.-06. August seine 15. Auflage. Der Event wird mit hohem Engagement von einem Verein und an die 100 Helfern organisiert, die liebevoll auch den Rahmen bilden, so dass die Höhle zu einem großen Pub wird. Die musikalische Leitung übernimmt der in der Region lebende Ire Sean Reeves, der auch Mitglied der Band Five alive’O ist und über beste Kontakte zur Irish Folk Szene in Irland verfügt. In den vergangenen Jahren bot das Festival immer eine gute Mischung aus einigen Bands der deutschen Folkszene und vielen guten zum Teil noch wenig bekannten irischen Bands, die extra dafür an dem Wochenende nach Deutschland kommen. So hatten die High Kings in Balve vor Jahren ihren ersten Auftritt auf deutschem Boden. Aber Sean ist noch mehr. Er ist derjenige, der die Bands auf eine besondere Weise ankündigt und immer wieder das Publikum animiert noch heftiger Zugaben zu fordern, obwohl die Stimmung so auch schon bestens ist.
In diesem Jahr konnte ich nur den Samstagabend auf dem Festival sein und mir einen eigenen Eindruck verschaffen. Zum Jubiläum gab es fast durchgehend nur Bands von der Insel. Allein am Donnerstagabend, der sozusagen dem Aufwärmen dient, spielten die Rabies aus Recklinghausen, die schon einigen Respekt vor der Kulisse und den Fans hatten, da sie ansonsten in Pubs zu Hause sind.
Daneben spielten aus Holland Harmony Glen, die bereits einmal zu Gast waren. Am Samstag feierten die irischen Bands Ruaile Buaile, Whistling Donkeys und die eigens für das Festival aus Sessionmusikern aus Dublin gebildete Formation The Dublin Minstrels mit den ca. 900 begeisterten Irish Folk Fans. Zur Livemusik gibt es auch immer Guinness, Cider, Kilkenny und Fish & Chips. Der Festivalsamstag begann schon um 16 Uhr und schnell füllte sich die Höhle als speziell für diesen Abend der Festivalchor mit 40 Sänger/innen auf die Bühne kam und einige bekannte Songs vortrug. Für einzelne Strophen kamen immer wieder Solisten aus dem Chor nach vorn und auch Sean ließ es sich nicht nehmen gemeinsam mit ihnen ein paar Lieder zu singen. Dann kam die Zeit für die erste Balladband des abends. Drops of green ließen von Anfang an Stimmung aufkommen mit Songs, die das Publikum gerne mitsang. Abwechselnd gesungen von verschiedenen Bandmitglieder und immer wieder ergänzt durch schwungvolle Sets von Tunes. Mit Knopfakkordeon, Gitarre und Mandoline vorgetragen sorgen der E-Bass und die vom Gitarristen noch betätigte Bassdrum dafür, dass die Zuhörer immer wissen, wie sie mitklatschen können.
Die zweite Band des abends brachte dann eine deutlich stärkere weibliche Komponente ein. Allein zahlenmässig sind Perfect Friction auf den ersten Blick eine weibliche Band, da der Bodhranspieler und der Gitarrist die vier Damen einrahmten und etwas im Hintergrund blieben. Perfect Friction ist eine junge Band, die in ihren Reihen vier All Ireland Champions auf ihren Instrumenten aufweisen kann. Allen voran Lottie Cullen, die obwohl gerade erst einmal 18 Jahre alt zu den besten uillean pipes Spielern der Insel gehört. Oder ihre Schwester Courtney, die mit der Fiddle All Ireland Champion ist. Nicht zuletzt ist auch Robbie Walsh an der Bodhran zu nennen, der sein Können in einem ausserordentlichen Solo auch virtuos unter Beweis stellte. Musikalisch verbinden Perfect Friction etwas den Pop mit der Tradition. Nicht dadurch dass sie traditionelle Musik poppig spielen sondern sie nehmen bekannte Songs aus den Charts wie „Kiss me“ und unterziehen sie einer traditionellen Verwandlung, so dass man meint es wäre ein Irish Song. Was an Spielfreude und Stimmung hier in den Tune-Sets geboten wurde war toll. Aber auch die gefühlvoll gesungen eigenen Songs waren etwas besonderes. Ein toller Auftritt.
Den Abschluss bildeten die Kilkennys, die nach einem Kurzauftritt auf der Loreley hier für gut zwei Stunden ihr Können unter Beweis stellen konnten. Mitreißend und gekonnt wurden auch hier die Klassiker schwungvoll vorgetragen und dem Publikum eingeheizt. Neu ist ein Bandmitglied, dass neben Bodhran auch Flutes und die uillean pipe spielt, so dass Sänger Davey Cashin sich ganz auf das Mandolinenspiel konzentrieren kann. Sich mit dem Bandkollegen Robbie auf dem Banjo duelliernd gehört schon zum Highlight des Abends.
Doch ein Irish Folk Festival in Balve wäre keines, wenn nicht zum Ende des Abends alle Künstler gemeinsam auf die Bühne treten und noch ein paar Songs gemeinsam zum besten geben. Natürlich unterstützt von Mastermind Sean Reeves, dem es sichtlich Freude macht hier mit Gleichgesinnten im Stile einer Session zu musizieren. Einfach nur Spielfreude und gute Laune beschließen den Abend. Und auch abseits bemerkt man, dass sich Musiker untereinander gut verstehen und eine schöne Zeit im Sauerland verleben auch wenn die meisten schon in den frühen Morgenstunden wieder mit dem Flieger Deutschland verlassen. Was bleibt? Die Ankündigung von Sean, dass das Irish Folk Festival 2017 das diesjährige toppen werden wird. Man fragt sich, wie das gehen mag und ist gespannt.